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der mann.



jeden abend legte sich der leise hauch des fortschritts über die einschlafende stadt. wenn jemand um diese zeit sich in die engen gassen verirrte, in eine der aus ruhigeren tagen noch übriggebliebenen gaststätten einkehrte, wo an den wänden spinnweben heruntertropften, in den klüften des bretterbodens schicksale und leibesfrüchte armer landmädchen festgeklebt waren, die schummrigen lampen die lauen lüfte des satten reichtums und schmieriger zufriedenheit zudeckten, oder der pensionierte oberlandsgerichts vorsteher sich sein letztes bier aus dem schlaffen körper seiner ehemaligen hure schlürfte, ein solch einsamer gast wollte nichts anderes als abdriften in das, was er glaubte verloren zu haben. er konnte eine tür öffnen, die aus den angeln fiel, er ließ sie hinter sich liegen, schlenderte durch die verschmutzten tische und stühle auf die theke zu, bestellte ein bier und träumte seinen traum zu ende. hinter ihm begann sich das lokal zu füllen, gläser wanderten zu rauchenden lippen, das piano schlug lose tasten, die spiegel bogen sich im takt, geruch billigen parfüms rann seinen rücken entlang. er fingerte eine packung aus der innentasche seiner jacke, zog umständlich und ohne hast an dem plastikband, ließ das zellophan zu boden segeln, öffnete das glanzpapier und nestelte sich die erste zigarette heraus. ein feuerzeug war eilfertig genug, er blies den rauch stoßweise in den raum.

wie das alles so gekommen war, und jetzt sind wir hier und wundern uns über gar nichts mehr. es könnte die welt sich ihren magen umdrehen und wir würden es nicht merken. vielleicht ist es schon geschehen. vielleicht leben wir schon auf der nach außen gestülpten innenseite des erdenmagens und wundern uns nur deshalb über die klebrigen säfte auf unseren untergründen, weil wir vergessen haben, die letzten blätter vom kalender zu reißen. wenn ich an mein leben denke, fällt mir nichts ein, wenn ich mein glied entlade, kann ich mich ruhig betrachten, muß nichts spüren und nichts fühlen. mein innerstes bin ich nicht mehr. eigentlich bin ich schon lange zugrunde gegangen, eigentlich müßte ich schon längst krepiert sein.

der einsame gast konnte sprechen, keine schranken gab es in dem lokal, manchmal waren seine monologe prophetisch, manchmal obszön, alles um ihn herum blieb gleichlautend, und der pegel der geräuschkulisse änderte sich selten. er hörte gläser klirren, rauchige frauenstimmen in lose ohren aufgeblähter bürokraten und geschäftsmänner stöhnen, geldscheine wanderten in geschlechtsorgane und wurden ausgekotzt, einige penise wanderten durch den raum. es gab keine grenzen. eine weiße sklavenzunge leckte ihrer herrin heilige bilder vom leib. während draußen in der stadt die verbote der verwaltung bis hin zum geregelten wasserdruck der klospülung das leben der einwohner bestimmten, die tränen mit augentropfen bekämpft werden mußten, und jedes gestöhne den sensiblen apparaturen der spione ausgesetzt war, herrschte im inneren der gaststätte die freiheit der illusionen, mit der die großen löcher in den finsteren nächten überbrückt werden konnten. es kannten sich alle hier, und niemand wußte was vom anderen. die gesichter verloren sich im rauch, stimmen machten sich von ihren organen unabhängig, was blieb, waren einzelne glieder, augenpaare, die an der garderobe aufgehängt waren, mitteralterliche, häßliche bäuche, die sich in den ecken türmten, einige ärsche suchten befriedigung auf abgeschlafften titten, eine hand wusch aus gewohnheit die andere. eine arglose gesellschaft, die ihre lustbarkeiten konsumieren wollte und in der freiheit bald ihre funktionen und sich selbst verlor. aus lautsprechern floß literweise musik und wurde manchmal von einem durstigen hund gierig gesoffen. jede nacht war gleich. jede anders. was sollte es hier mehr geben als das. draußen gab es ja kaum was, und dieses wenige war deprimierend. die ehen hingen in den kleiderschränken der schäbigen und geschmacklosen appartements, der kindersegen ging in die geschlossenen anstalten und kam verwöhnt und rotzig am abend wieder. auf lust konnte verzichtet werden, da der tod keine bedeutung hatte, und das leben keine alternative mehr.

was war ich für ein widerlicher sprößling dieser welt. nichts war wichtiger als anerkennung und das, was man uns als liebe aufgeschwätzt hatte. den lehrern kaufte ich ihre wortblasen ab, den ersten weibern die jungfräulichkeit. das gebot der persönlichen entfaltung wurde nicht als geisel empfunden, sondern als waffe gegen die weltgeschichte. aber beim kleinsten erdbeben schauten wir verängstigt aus unseren uniformen und waren froh, wenn ein anderer sagte: hinlegen, maulhalten, überleben. wir werden hier noch eines tages betteln, daß uns jemand den kopf vom leib schneidet, weil wir es nicht mehr aushalten, weil all diese scheißsicherheit hier wie ein martertropfen ist, der uns ewig aufs trommelfell und in die nasenlöcher rinnt. ich sags euch, es ist eine verdammte sache, aber die straßen führen nur noch in serpentinen durch unsere innereien, bis wir glauben, jetzt, jetzt endlich gehts raus, und wir finden uns wieder am start und haben keinen mut, den rückgang einzulegen. es gibt keinen rückgang mehr, den haben sie uns nur noch als attrappe in unseren limousinen gelassen. was sind wir für deppen hier, alles arschlöcher seid ihr, keine ahnung, mit der kleinsten scheiße zufrieden, als sei es das himmlische manna zum ewigen körperglück.

er konnte nach einem solch verbrachten abend nicht glücklich, aber doch abgespannt nach hause ziehen, schaltete im schlafzimmer schon lange kein licht mehr ein, war froh, wenn ihm auf der toilette kein kind begegnete, schlich auf seinen verschwitzten socken ins bett neben das weib und war ihr unendlich dankbar, wenn sie sich schlafend stellte und von seiner männlichkeit nichts mehr verlangte. nur manchmal kam es noch vor, daß sie ihr geschlecht über ihn stülpte, so als sei das irgendein altes recht, aber er wußte sich inzwischen zu entziehen, glitt mit seinen gedanken unter ihrem trägen körper weg und ließ sich auf dem schmalen balkon nieder, wo er wartete, biß sie ihre muskeln gebändigt hatte. die wohnung war ihm nichts anderes als ein paar aneinandergelehnte wände, die keinen anderen zweck mehr hatten, als das gefühl zu geben, es würden sich eines tages doch noch schlösser bauen lassen, mit prinzessinnen und königssöhnen, die die kunst des wachküssens beherrschten und andere techniken. aber der mann wußte, daß auch er in seinem mühsam erworbenen heim nur mehr ein gast war, frau und kinder hatten wie räudige kater alle ecken bereits markiert und fauchten tödliche gifte aus, wenn er sich, immer seltener, auf territoriumssuche aufmachte. die samstage waren unausstehlich geworden, er hatte sich einem freizeitclub angeschlossen, so konnte er frühmorgens aus dem haus, beschäftigte sich mit dem, was gerade angeboten wurde und wußte sich in der geborgenen sicherheit, daß niemand, auch sein weib nicht, sich auflehnen würde, von den kindern ganz zu schweigen. samstag war clubtag, vater braucht auch abwechslung. er haßte seine frau nicht, sie ihn auch nicht, die beiden wußten um ihre unvereinbarkeit, mann und frau, das ging nicht mehr zusammen, die paar kinder waren das äußerste, was ihre bindung hervorbringen konnte. er war höflich, oder versuchte es zumindest. nicht zu höflich oder gar freundlich, aber er wollte doch ein erträgliches maß an umgangsformen finden. allein zu leben war keine lösung, ein anderer partner kam nicht mehr in frage, schließlich hört die illusion der großen lieben doch irgendwann auf, vorausgesetzt man hat zugelassen, daß in seinem leben auch noch anderes möglich war. was war da alles verlorengegangen und warum. keine kraft zum fragen mehr. nur noch abdrehen, und das war schon mühsam genug. und doch war es nicht zu vermeiden, daß plötzlich ganz unerwartet sich wieder alte, verstaubte, wunderschöne bilder aufdrängten, die freilich mit denselben unkrontollierbaren gesetzlichkeiten sich wieder auflösten, mit denen sie sich in die kampflosen gehirne hinein katapultiert hatten. früher hatte er noch manchmal mit jemandem darüber gesprochen, hatte trost gesucht bei gleichfühlenden, konnte sich dann noch in zwar fragwürdigen, doch immerhin möglichen feuerroten sonnenuntergängen verlieren, doch seit einigen jahrzehnten war die wetterlage kein geheimnis mehr, die temperaturschwankungen ließen sich auf jahrhunderte hinaus genau vorhersagen, es bleib kein platz mehr für ungereimtheiten. ein alter, stinkender schwamm, mit dem seine frau ewig die verstaubten regale der erinnerung in der wohnung zu reinigen versuchte. da standen nebeneinander all die fotoalben der urgroßväter und großmütter, der kindheit, der eigenen familie, mit kindern in allen lagen und in dem schrank unter seiner intimwäsche hatte die frau die paar eindeutigen bilder versteckt, die sie in den ersten jahren, als die lust noch etwas mehr war als bloß notwendig, von sich und ihren liebschaften gemacht hatten. dort, unter socken und hemden, lag ein teil der träume, zugegeben nicht gerade der wichtigste, aber das material wäre vorhanden gewesen, man hätte sich bedienen können, sich erinnern. er war froh darüber, daß sie ihm die unterwäsche täglich auf den stuhl legte, weshalb er nie die schranktür öffnen mußte. der kleiderschrank im schlafzimmer barg einige kleine vergangenheiten, wie froh war er, daß der kinder wegen, ein großes tabu sich darüber breiten konnte. am morgen stand er immer als erster auf. diese halbe stunde zwischen halb sieben und sieben uhr war die einzige zeit, wo er das gefühl hatte, in seiner ganz eigenen wohnung zu sein, wo die noch schlafenden körper seiner mitbewohner und deren nächtliche ausdünstungen mit seinem wirklichen leben übereinzustimmen schienen. allein auf der kloschüssel zu sitzen, in ruhe, in die dusche zu steigen, alles noch im halbschlaf, sich mit der rasierklinge allmorgentlich dieselbe stelle am hals aufzureißen, diese halbe stunde vor arbeitsbeginn war die einzige zeit, während der er noch so etwas wie ziele, wenn auch keine erstrebenswerten, zu erkennen glaubte. der stinkende atem seiner frau aus dem offenen schlafzimmer vermischte sich mit seinem künstlichen, frischen mundgeruch aus der tube, das heiße wasser auf das kaffeepulver geschüttet ließ gerüche aus der verlorenen welt frei. schlafen, weiter schlafen, aber er wußte schon, daß er zu diesem zeitpunkt bereits zu müde war, um noch einmal zu dem weib zurückzukriechen und sich in schwere träume zu flüchten. das einzige was möglich schien, war sich leise und schnell anzuziehen, niemanden aufzuwecken, damit zumindest der tägliche abschied aus den unliebsamen wänden reibungslos vor sich gehen konnte, ohne kinder oder frau sehen zu müssen. kein schöneres gefühl gab es, als die haustür leise und unbemerkt hinter sich zu schließen und damit das familienleben bis zum nächsten aufstehen vergessen zu können. daß die frau meistens nicht schlief, sondern nur sehnlichst darauf wartete, bis er endlich außer haus war, das ahnte er, doch war es ihm bedeutungslos, mit ihren problemen mußte sie alleine fertig werden, er hatte mit sich selbst genug zu tun.

wie sich all diese verhätschelten kinder auf die natur gestürzt hatten, und dieser ganze leerlauf in die ursprünglichkeit begann, wollte er beginnen. eines seiner lieblingsthemen in der gaststätte. da konnte er sich in feuer reden und stürzte in die tiefsten schluchten, rot von dem alkohol, den zigarettenrauch in stößen ausatmend, dieses thema war das seine, und niemand mußte fragen, niemand hörte zu, andere münder hatten andere themen, die worte lagen herum und wurden erst in den späten morgenstunden vom personal aufgesaugt, bis zum abend hin war alles wie immer. wenn die wörter so völlig ohne rahmen und ordnung im lokal lagen, wenn sich einige betrunkene ein paar besonders scharfe vokabeln hervorwühlten und, je nach laune und kräften, mehr oder minder das pantomimisch nachzuvollziehen versuchten, was sie da vom boden geholt hatten, dann war die stimmung gut, die ganze last des sprechens, lesens und schreibens lag da wie in einem sandkasten, und die betrunkenen riesenbabys machten sich genüßlich darin schmutzig. klo hielt einer zwischen den fingern und sein bauch flog vor lachen auf die leere theke und entleerte sich in einem glas, zwei frauenhände hielten weinend karotte fest und wollten es in einen roten mund führen, hin und wieder fand einer liebe, stieg auf den stuhl, hielt es in die höh, alles brüllte, bis aus liebe beile geformt war, und dann gab es in der gaststätte ein großes schlachtfest, dessen ende erst bei morgengrauen, als alle kräfte verloren waren, seinen müden mantel über die erschöpften körper deckte. er wollte gerade die geschichte von den sanften kindern der kräutersammler und naturanbeter beginnen, dieses noch immer vorhandene kleinste bißchen an agression und wut in die luft schmeißen, das saublöde grinsen all der jungfrauen und männlein im antilook neben das veteranenfoto über die eingangstür hängen, er war wieder kaputt genug und wollte seine paar energien zerstören. wie sich damals all diese verhätschelten kinder auf die natur gestürtzt hatten, wollte er sagen, aber er brachte keinen ton hervor. er merkte plötzlich, wie ihm die zähne aus den lippen bröckelten, alles kieselsteine, die sich lösten und in und neben sein glas fielen. die oberlippe hing in fetzen herab, der linke augapfel verflüssigte sich, er sah rechts noch normal, links jedoch rutschte der blickwinkel allmählich nach unten, verschwommene bilder entstanden. nicht jetzt nein, nein nicht mehr, hilfe, so helft mir doch, schrie es in ihm, aber wer sollte ihn denn bei all dem lärm auch hören, es gab kein halten mehr, bald war er vom barhocker zu boden geflossen.

wie kann ein mensch hier liegen, nein das geht nicht, ich kann hier nicht bleiben, kann nicht in den ritzen neben den blutigen landmädchen vertocknen, nein noch nicht, es ist noch zu früh, ich habe ein recht, meine organe sind noch in ordnung, ihr schweine da oben, meine hände, wo sind die hände, verdammt, wenn ich hände hätte, ich könnte mich hochziehen, wo sind die hände, es geht nicht, kein körper kann so sich auflösen, so schnell nicht, nur einen finger brauch ich, grad bis zu dem untersten eisenring des hockers müßt ich kommen, nein, kein gesicht kann hier so liegen, warum, staub, staub wird man doch, staub und leicht und schmerzlos vom wind verweht, so muß es doch sein, das läuft ja alles falsch, ich bin keine ausgeschüttete schleimsuppe, ihr sauhunde.

es war anstrengend, ein einziges fallen, und ständig abwärts, schneller, schneller, keine bremsen, kaum luft zum atmen bei dieser geschwindigkeit, er rauschte durch die erde hindurch und hinaus in die dunklen nächte, er spürte die entfernung hautnah, spürte sie in jedem kleinsten teil des körpers und lag doch nur armselig, bewegungslos und klebrig neben dem hocker, inzwischen ohne willen mehr, einfach brei, ohne substanz, ohne farbe, ohne geruch. in der gaststätte nahm niemand notiz, alles lief wie an anderen tagen auch, das konturlose licht beleuchtete nur einige weiße zähne zwischendurch heftiger, mehr war kaum zu sehen, niemand brauchte ein licht, weil keiner was genauer zu sehen brauchte. niemand kann sich eine solche existenz vorstellen, niemand kann das verstehen. alle emotionen lagen da in der langweiligen masse, vermischt mit den gliedern, mit den sünden, mit den begierden, all diese sulze aus dem bißchen wirklichkeit und vielen träumen, zusammengelaufen wie ein alter omeletteteig, auseinanderstrebend, aber ohne überzeugung. da lag ein gast in der gaststätte, lag inmitten anderer gäste und winselte um das bißchen aufmerksamkeit, das nötig gewesen wäre, um ihn wieder auf seinen barhocker hinauffließen zu lassen. ein mund über ihn spuckte auf den boden, mitten auf ihn, wollte mit der sohlenspitze den eigenen schleim in den fußboden treten, spürte den brei, fluchte, sauerei. es war die ewigkeit, aber kein gott in sicht, keine engel. die gedanken existierten alleine, die sprache ohne worte, das fleisch ohne formen. liegen, liegen, bald würde jemand kommen und den boden wischen, bald, es konnte nicht mehr lange dauern, irgendwann verwischt auch die unendlichkeit. er hätte sich viel sparen können, wie lächerlich die paar ejakulationen in die scheide seiner und anderer frauen, die verzerrten gesichter an diesen tierischen höhepunkten. er schämte sich, wirklich, der brei lag da zerstört und schämte sich wegen seiner affigen fratzen beim geschlechtsakt. er hatte sein ganzes leben über sex nie mehr nachgedacht als übers essen, manchmal, sehr selten, hatte er appetit auf was besonderes, aber kaum hatte er es umschlungen, wußte er auch schon, daß es sich auch diesmal nicht gelohnt hatte, diese öde und der satte bauch danach. aber viel mehr war nicht übrig geblieben als ein paar einzelheiten aus dem nackten mief. sein brei und sex.

ich müßte mit jemandem sprechen können, es müßte mich jemand hören und mir zuhören, nur ein ohr brauch ich, dann könnte ich an das trommelfell fließen und die schwingungen würden irgend jemanden erreichen. oder auch eine hosentasche, eine handtasche wären zu gebrauchen, ich könnte hineingleiten und warten, bis eine hand was sucht, bis sie erschrocken zurückfährt, um es ungläubig nochmals zu versuchen, und sie würde mich spüren, hände gewöhnen sich an alles, bald würde sie vertraut in mir wühlen, mich durch die finger gleiten lassen wie süßwasserperlen. könnte ich meine zunge finden, wäre es zumindest noch möglich, mich selbst aufzulecken, so aber, verflucht, so geht es nicht, ich kann so nicht liegenbleiben, nicht so einfach warten, bis man mich wegwischt, oder bis ich vertrocknet bin. es muß mehr geben. wenn mich wenigstens jemand mit beiden händen aufheben und an die wand werfen würde. langsam eine wand hinunterlaufen, zäh und träge und unwillig der schwerkraft nach unten folgen müssen, die freuden des widerstands der masse auskosten können. keine lösung wäre das, aber für eine gewisse zeit eine erleichterung, bewegungsfreiheit, nicht hier liegen müssen, starr und gefangen.

an einer straßenecke um vier uhr morgens wanderten zwei betrunkene geschlechter ihrer vereinigung entgegen, die sie nicht mehr erreichen konnten, ein frühlingsblütenbett, ein schwanz lag abseits in einem kanal und badete wie ein junger hund, schwarze mieder, ein strumpfband, rot geschminkte lippen mit langen fingernägeln, ein praller tampon, vereinzelt süßliche tropfen, ein ganzes leben.in der gaststätte begann man aufzuräumen, die letzten gäste wurden auf die straße geworfen, ein paar zu langsame beine, ein männerschädel, der sich gerade noch die nase putzte, schlüsselbunde, feuerzeuge, taschenspiegel mit den müden augen ihrer besitzerinnen, ein halboffenes hemd mit zu vielen brusthaaren. alles landete lieblos auf der straße, ordnete sich dort, schweigend, ohne hektik und begab sich dann in die überfüllten wohnungen, die um diese zeit immer ihren jahrzehnte lang gehorteten moder lüfteten. man ging nach hause und hatte das ruhige gefühl, nichts versäumt zu haben, keine möglichkeit ausgelassen zu haben, das beste getan zu haben, was in dieser umgebung zu tun gewesen war. die schicksale der heimkehrenden hatten nach solchen abenden schon des öfteren nicht mehr ihre ursprünglichen körper gefunden, frauen in männerkleidungen und umgekehrt, es blieb sich gleich, niemand störte es, kaum jemand merkte es. die schicksale kannten keinen unterschied und paßten sich beliebig jeder neuen umgebung an ohne aufzufallen. auch der brei wurde auf die straße geworfen. der letzte gast. es war schwierig sich wieder zu sammeln, allein am gehsteig, inmitten des abfalls stickiger nächte. aber er war froh, daß niemand mehr in der schmalen gasse war, stand auf, ordnete mit müden handgriffen seine kleidung, atmete kurz tief durch und begab sich nach hause. ein paar stunden schlaf, dann war er wieder an seinem arbeitstisch. die arbeit als meditationsübung, die leere suchen, die ruhe, alles auf sich, in sich fließen lassen, keine regungen spüren, die glieder so zu beherrschen, daß sie alle bewegungen ohne willen, ohne befehle, ohne energie durchzuführen wußten. finger unterschrieben akten, augen kontrollierten zahlen, es ging alles ohne ihn, er konnte während der arbeit sich selbst auf ein nichts reduzieren, gleichbleibend, nichtssagend freundlich sein mienenspiel, ob maschinen oder menschen, er behandelte alle und alles gleich, er war ganz körper, seine sprache war ein wörterbuch, seine stimme jene des radiosprechers der börsenkurse. die arbeit befreite ihn. er befreite sich. am abend war er müde, doch ausgeruht. es war keine belastung, es war sein dasein, und oft fragte er sich, wozu man zu arbeiten aufhört, warum man nicht ohne unterbrechung ewig arbeiten kann, ohne schlaf, ohne hunger, ohne durst. essen. essen war nur noch erträglich, weil er wußte, daß er jederzeit kotzen konnte, einfach den magen umstülpen und im klo ausschütten. nichts widerte ihn mehr an, selbst die kinder nicht. essen.

wir schlingen tonnen von fleisch, fisch, getreide, gemüse in uns hinein, verdauen, lassen wasser und dreck ab, täglich, endlos. einige verhungern noch erbärmlich, andere verhungern in teuren sanatorien. die landwirtschaft produziert effektiver als jedes fließband, die köche variieren ihre rezepte. essen. wie kann man noch hunger verspüren, wenn man den eigenen kindern beim frühstück am sonntag zusehen muß, brot hinein, käse hinein, wurst hinein, yoghurt hinein, kaffee, juice, die blöden wangen vollgeschmiert von butterresten, die finger voll von marmelade, der frau hängen brotkrümeln im farblosen bh, sie trägt sonntags meistens nur slip, bh und darüber einen offenen bademantel. wie ekelig der kaffetropfen auf dem bauch ist, der aus dem slip herausquillt. nach dem frühstück die ganze familie im gänsemarsch zum schiß, die frau als letzte, weil sie noch eine rauchen muß, ihre fetten gedärme sind träge wie der ganze übrige körper, wie kann man dabei noch appetit haben. und wir sagen bei tisch mahlzeit, können das sagen ohne schlechtes gewissen. ich kann nichts mehr essen, ich brauch nichts mehr, ich esse und kotze wegen der etikette, um nicht aufzufallen. die restaurants sterilisiert, alles hygienisch, alles desinfiziert, auch der fraß. vielleicht ists das, es fehlt das unsaubere, der dreck, der schmutz alten öls in den küchen, der gestank der essensabfälle, es fehlt auch hier das mögliche ende, der tod. wir bräuchten wieder küchenschaben hinter den theken, wir bräuchten was, wovor wir uns grausen können. jetzt müssen wir uns vor dem essen grausen. vor etwas muß man sich ja grausen, wie sonst könnte man sich darauf freuen, daß es wieder aufhört. essen und kotzen, das geht, aber nichts anderes ist möglich. trinken geht einfacher. wenn ich zu viel gesoffen habe, rebelliert der magen ganz von alleine, handelt ohne mich, peinigt den bauch bis zur äußersten grenze. das ist noch eine vage spur von leben.

er war gerade aufgestanden, zuvor ein paar tiefe stunden in den schlaf gefallen. er stand unter der dusche, ließ sich gerne am morgen mit siedend heißem wasser die haut verbrennen, bis er ganz rot anlief, bis alles schmerzte und vor schmerz wieder aufhörte, er fühlte wie sich die haut straffte, einige kleinere furunkel öffneten sich von selbst, dann drehte er das warme wasser ab, öffnete den kaltwasserhahn und genoß das prickeln tausend kleiner nadeln. die letzte nacht fiel ihm wieder ein, die bilder aus der gaststätte kamen ungeordnet wieder, ein brei am boden, das war sein leben, die wenigen erfreulichen augenblicke. zähne putzen, die frische unterwäsche, ein schneller schluck kaffee, die türe schließen. es war ein wunderschöner morgen. klar, glasklar, alles scharf erkennbar, jeder geruch noch einzeln wahrnehmbar, die welt lag noch ganz ohne scham vor ihm. bald würde sich wieder der schleimige rauch auf die landschaft und in die menschen legen, aber in diesem augenblick sah er kurz ein stück wirklichkeit und wußte es. er öffnete noch einmal die wohnungstür, roch den stinkigen atem aus den schlafzimmern, grinste ohne mitleid, schloß wieder ab und ging zu seinem arbeitsplatz. die frische, das stückchen wahrheit, war schon wieder weg, die sulze war aufgewacht, autos, menschen, bahnen. er lief hinter unbekannten füßen, sah die prall gefüllte röcke, dachte daran, wie sich unter all diesen slips, strümpfen, engen miedern schamlippen ineinander winden, überquerte ein paar kreutzungen ohne es zu merken, aufzug. aufzug.

das unerträglichste am morgen, der aufzug. überfüllt, bereits wieder die ersten ausdünstungen. schweigen eine qual, sprechen die noch viel größere. wenn man bloß nicht zuhören müßte. unverschämt erzählt man sich den letzten wetterbericht, das neueste aus den nachrichten, noch 7 stockwerke, wie soll man das aushalten. ruhig bleiben, augen schließen, aber dann sind die gespräche noch besser hörbar, dringen ohne den widerstand der augen in den kopf, also wieder aufblicken, hinter mir hat einer die aktentasche gerade so in der hand, daß ich den metallverschluß in den rücken bekomme. ich steige jemandem links von mir auf den schuh. das befriedigt. man empfindet nicht das geringste dabei, die faden intimitäten der öffentlichkeit preiszugeben, keine rücksicht auf die anderen, ich sollte mir die ohren verschließen, ich kann nicht jeden tag.

die tür des büros öffnen, arbeit. er konnte einfach arbeiten, ohne das geringste zu denken, ohne das geringste zu fühlen. und er wußte auch, daß, je abwesender er war, desto besser lief das geschäft. kein gedanke, nur anweisungen ausführen, weiterleiten, ohne zutaten, ohne umwege, ohne ein einziges mal aufzuwachen oder einzuschlafen. arbeiten war sein einziger zweck, arbeiten und am abend in die gaststätte gehen, das waren ein und dasselbe, pol und gegenpol seiner welt. der ganzen welt. was wären diese nachtstunden ohne die grenzenlose unbedeutsamkeit seiner arbeit. wo sollte der ausgleich gefunden werden, wenn nicht am arbeitstisch, wo er penibel sein weniges werkzeug, bleistift, diktiergerät oder morgenzeitung ordnen konnte. die einrichtung seines büros hatte er zur gänze seiner sekretärin überlassen, ihm war alles recht, er konnte sich überall fallen lassen, ohne auch nur die geringste emotion zu verspüren. hellgetäfelt, marmorne decke, ein viel zu teurer teppichboden, einfacher luxusschreibtisch, ledersessel. er war sich seines status wohl bewußt und vermied es peinlichst, diesen zustand zu ändern.

gast bei tag, gast in der nacht, gast in der berufswelt, in der familie, in den wenigen schößen einiger flüchtiger bekanntschaften. so ist das leben recht genug, um anständig gelebt zu werden, so kann ich besten gewissens auf das ende hinsteuern, ohne angst, ohne gram, ohne irgendwas. am ende werde ich liegen, und in kurzer zeit wird nichts mehr von mir über bleiben. einen gast vergißt man schnell, er läßt keine löcher irgendwo, er muß nur bezahlen, mit geld, mit arbeit, das ist alles.

er ordnete seine akten, machte ein paar telefonate, kritzelte einige unterschriften, starrte in den ausschnitt der sekretärin, die er nur zu diesem zweck eingestellt hatte. sie war bereits um eine spur zu alt und zeigte recht schamlos all die überschüssigen reize ihres körpers. und sie verstand ihn. noch nie zusammen ausgegangen, noch nie berührt, immer höflich distanziert, aber sie wußte seine lust zu schüren, wenn ihm danach war, diese öde lust in den hosen. dann setzte sie sich in einigem abstand ihm gegenüber und ließ unglaublich langsam ihre beine spielen, unaufällig aber beharrlich, übereinander, auseinander, sie konnte das eine ganze stunde lang so treiben, den rock hochrutschen lassen, aber mit endloser geduld, und aufhören bevor was begonnen hatte, keine mine verziehen, alles geschäftlich, sie wußte wohl auch, wofür sie bezahlt war und akzeptierte die bedingungen. es gab tage, da geilten ihn ihre stöckelschuhe auf, sie hielt die beine übereinander geschlagen, der eine schuh wippte zwischen himmel und erde, er stellte sich ihre zehen vor, sicher waren sie rot gestrichen, diese schlampe, sicher steckt sie sich den stöckel in ihre fotze, wenn sie sich zuhause, angefüllt von champagner, mit ein paar alten wichsenden säcken die langeweile vertreibt, die ihr am ende dann noch voller stolz einige zu große geldscheine in den arsch schieben. dieser stöckel konnte ihn nach verbrauchten nächten in die richtige stimmung heben und ihn für kurze zeit fast so was wie ein kleines glück empfinden lassen. sie war nie zu sexy angezogen, eigentlich immer dezent, so wie sichs gehört, aber sie wußte sich zu bewegen, sie war eine gute tänzerin, konnte ihren körper gezielt einsetzen, ihr gesicht blieb immer ausdruckslos freundlich. er konnte ihre lippen ohne kopf betrachten, die lippen lösten sich von ihr, wanderten unter den schreibtisch ohne umwege auf den reißverschluß zu, holten geschickt den laschen schwanz heraus und leckten und leckten, daß er bald alle muscheln der griechischen venus an den eiern spürte, bald das maul einer gebärenden kuh, die ihre mutterlust der welt mitteilte. die arbeitsteilung funktionierte bestens, er war zufrieden mit ihr, aber wahrscheinlich wäre er mit jeder anderen auch zufrieden gewesen, da er weder wählerisch war, noch sich irgend eine bestimmte frau seiner träume vorstellen konnte. alles war recht, wenn er das bedürfnis hatte. er benutzte die frau nicht, er benutzte seine fantasie und stülpte sie über dieses weib vor ihm. das war schon alles. seine frau war immer eifersüchtig auf die sekretßrin gewesen, ihr war jede erotik außerhalb des geschlechtsverkehrs eine sünde wider die guten sitten einer modernen frau. nur im bett konnte sie ein paar unflätige seufzer hervorbringen, das waren die äußersten grenzen ihrer verbalen lust.

nun ist sie gestorben. plötzlich. ohne vorwarnung, ohne anzeichen. stirbt kurz vor den wechseljahren hemmungslos, gefühlslos, stirbt im bett neben mir, ohne was zu sagen. gute nacht, das war alles, und heute morgen noch gleich im bett, unverändert, fast herausfordernd, bestimmt aber ohne jedes mitleid. habe ihr noch einen flüchtigen kuß übers gesicht gehaucht, als ich am morgen aufgestanden bin, habe eine leiche geküßt, habe mit meinen lippen totes fleisch berührt, fleisch, das schon begonnen hatte, allmählich in sich selbst zu sinken, sich zu vernichten. ich habe den tod mit meinen lippen umklammert, flüchtig aber immerhin, und bin daran spurlos weiter aufs klo, als sei nichts gewesen. neben einer leiche habe ich mich rasiert, unterhosen gesucht, die kniebeuge beim schließen des reißverschlusses, damit der mannessack auch richtig liegt, ja, so war das, und das angetraute weib schaut als tote zu, heimlich, kalt, spart sich den stinkenden morgenatem, liegt da im bett auf dem rücken, das gesicht leicht nach links geneigt, das haar noch fast in ordnung, tote reden nicht, heißt es oft, aber ich bin mir sicher, sie hat die ganze zeit geredet, sie hat mir unsere magere ehe vorgeworfen, mit jenem leicht zynischen lächeln, das sie immer dann aufsetzte, wenn sie wußte, daß sie fest im sattel saß. ich mußte geld aufs konto bringen, das war meine aufgabe, dafür ließ sie mich anfangs wahllos in ihrem fleisch arbeiten, später wurde das immer mehr zu einer gnadengabe, oft hatte ich das gefühl, nach dem abspritzen danke sagen zu müssen. am ende war ich froh, wenn ich sie nicht mehr berühren mußte, leichter ekel, wenn ich auf ihr lag, diese müde geilheit, jede falte bekannt, mein schwanz tropfte nur mehr aus notwendigkeit in sie hinein, der hunger wurde reduziert aufs minimum. wann haben wir denn das letzte mal gefickt. irgendwann letzte woche, ich war von der gaststätte ins bett gefallen, sie wachte auf, ich drehte sie auf den bauch und ließ mich und diese späte nacht in sie fließen. wie üblich kam ich viel zu schnell. und jetzt stirbt sie einfach, liegt da tot, steif, häßlich ohne leben, der unterschied zwischen uns ist endlos geworden, wer weiß, wie das nach dem tot funktioniert. man steht ganz schön beschissen vor einer toten. und mir kommen ein paar tränen. ich vergieße am bett neben dem toten weib trauertränen, ich spüre wies hochkommt, es schüttelt mich, die luft bleibt aus, kann meinen atmen nicht mehr ordnen, einatmeb, ausatmen gleichzeitig, es geht nicht, ich heul hinaus, muß schreien, es geht ja nicht, einfach neben mir zu krepieren, ist kein leben mehr alleine, was soll ich mit den kindern. der hals schmerzt, fest durchatmen. ein neuer anfall, ohne erbarmen, gewalttätig, die füße ziehts mir weg, mensch weib, einfach sterben, so schlimm wars ja auch nicht, und ich soll jetzt die kinder aus der schule holen, was soll ich denn sagen: mutter ist grad abgekratzt, ihr arschlöcher, ja habt ihr denn nichts gemerkt am morgen, seid einfach in die küche gestolpert, den lauwarmen kaffee getrunken, ein schnelles butterbrot, während eure mutter da schon steif und tot im bett lag. der anfall läßt nach, ich spür langsam wieder meine knochen, mein fleisch, es wird schon wieder besser, warum so ausklinken, schließlich waren wir nicht so eng zusammen, waren uns gleichgültig, bis wir uns nicht mehr spürten, bis wir den anderen völlig vergessen hatten. und nun steh ich da, jetzt kommt das schon wieder, ich will nicht mehr plärren, es geht nicht, ich geh kotzen, vielleicht hilft das. über die kloschüssel gebeugt hol ich mir die spärlichen mageninhalte heraus, bis am ende nur mehr etwas sauerer saft heraufkommt, wie sodbrennen. sterben und kotzen. es tut gut den hals abzulenken, er ist jetzt beschäftigt mit dem brennen in der mandelgegend, hat vergessen, wegen der tränen zu würgen. wie gräßlich wir in unserem inneren sind, da liegt dieser brei in der schüssel, zieht langsame fäden hinab, gelblich, braun, ätzend, ein stück tod. ich sterb also auch vor mich hin, aber ich weiß es. zähneputzen jetzt, zähneputzen, während da drüben die leiche auf mich störrisch wartet, sie verweigert jede aktion, sie würde dort liegen bleiben, ohne die geringsten skrupel, bis nichts mehr von ihr übrig ist als ein paar bleiche knochen, ein haufen dreck. sie würde ewig hier liegen bleiben, ich muß was tun, das sind die befehle des todes. so aufdringlich wie der tod ist nichts lebendiges, was zum teufel ist denn jetzt überhaupt zu tun, wo lernt man denn, wie man mit seiner toten frau umgehen soll, welcher lehrer gibt seinen schülern die telefonnummer des günstigsten leichenbestatters. man kann ja gar nicht anders, ich kann ja gar nicht sagen: moment liebe leute, meine alte verscharr ich mir selber. das ist sicher verboten. hilflos, arzt anrufen, kinder holen, leiche abtransportieren, sarg aussuchen, blumen bestellen, todesanzeige aufgeben, den kindern irgendwas geben. was geb ich denn den kindern, irgendwas muß ein vater in solchen situationen sicher den kindern geben. vielleicht ein paar gute worte, meine kinder, ein schwachsinn. ich werd sie verschicken, irgendwohin auf urlaub, meinetwegen eine weltreise, nur nicht vater spielen müssen, ich war nie einer, sie nie kinder, was soll das theater. da liegt das weib meines lebens steif und tot. was ist das für ein leben. noch ein paar jahrzehnte wenns hochkommt. ich muß sie ankleiden, liegt da obszön ohne leben im bett, ich muß jetzt.

er schüttelte sich, wie ein nasser hund stand er im schlafzimmer, schüttelte sich, heftig, immer schneller, stöhnte, schrie laut unverständliches durch die zimmer, diese mauern wollte er niederreißen, diese unertäglichen mauern zwischen den zimmern, mit dem kopf schlug er gegen den türrahmen, bis er blutete, er spürte keinen schmerz, sah nur das blut, sah sich, die roten flecken, riß irgendwas herunter, lärm. lärm tat gut, lärm legte sich über die welt, es gab keine welt mehr, es gab nur noch lärm. er hörte das leben in den wänden, hörte den strom durch die leitungen fließen wie gewalttätige gebirgsbäche aus den kinderträumen, die bretter des fußbodens knarrten wie friedhofssärge nach mitternacht, seine magensäfte rauschten, stürzten ab, wasserfälle, meerestiefen. er war nur noch ton und spürte nichts außer die lust, aus sich nur ohren zu machen, ein einziges ohr wollte er werden, nur mehr schwingungen, keine notenskalen, immer lauter, der rythmus, pauken und trommeln, hunderttausend trommler marschierten durch ihn durch, ein chaos und allmählich im gleichschritt, monoton, dasselbe pulsieren, sein herz lag in den ohrmuscheln. es hörte auf, er war ruhig geworden, wischte sich die blutspuren von der stirn, räumte das chaos auf, zog der leiche saubere wäsche an. keinen gedanken trug er bei sich, er war wieder im büro, alle handgriffe mechanisch, alles richtig, er konnte nichts falsch machen, er mußte nicht mehr denken, nicht mehr fühlen. den hausarzt anrufen, die schule, der arzt stellte die todesursache fest, die kinder verzogen sich in ihre zimmer und heulten, alles lief vorschriftsmäßig, er saß in der küche, rauchte, es war vorbei, das leben hatte ihn wieder losgelassen, er sah alles ohne es wahrzunehmen, er saß und stellte fest, das der tod seiner frau ihm nur unannehmlichkeiten bringen wird, aber keine zu großen, ein loch würde bleiben in der wohnung, er konnte es aber wieder auffüllen, wenn er lust dazu gehabt hätte. später vielleich, im augenblick dachte er an nichts, die sekretärin würde ihm helfen, sie kannte sich in praktischen dingen aus, also würde sie wohl auch mit leichen umzugehen verstehen, eine sekretärin war praktisch, für alles zu gebrauchen. die kinder schickte er wie geplant auf eine reise, sie waren nur mehr eine leblose erinnerung an eine tote. eine beerdigung im engsten familienkreis, die urne wurde in eine graue wand gestellt, eine marmortafel davor, wie ein vorhängeschloß, ein paar blumen, die bei dem schlechten wetter bald zusammenfallen würden, eine ansprache übers leben, weil man scheinbar so den tod leichter ertragen kann, es war vorbei. in dieser nacht ging er seit langem wieder in die gaststätte, er hatte vergessen, wie er in den letzten tagen die nächte verbracht hatte, es war ihm egal, er wollte nur wieder heim kommen, wieder den kreislauf finden, sich übergeben können, kotzen wollte er, vielleicht was trinken, ausfließen, leben. es war schon dunkel, ein unangenehmer kalter regen fiel, windböen sausten durch die gassen. er öffnete, ließ sich fallen, das waren bekannte gestalten. er lag da am eingang, niemand kümmerte sich um ihn, ein neuer gast stolperte über seinen körper, fluchte irgendwas unverständliches, versetzte dem haufen am boden einen tritt. das war das, was ihn noch immer am besten mit seinem leben auskommen ließ, alles vertraut, nichts bekannt, keine rücksichten, jeder gegen alles und zusammen eine ganze welt. er stand wieder auf, vor zu seinem stuhl, da saß ein schwarzer riese, der gast nahm ein messer, schnitt das dunkle fleisch schön säuberlich entzwei, warf die muskelfetzen in eine ecke, wischte nachher den hocker ab, bestellte ein bier, sein erstes kühles bier seit langem.