HERR H.: (sehr entschieden)
aber es gibt doch kunst für erwachsene (nicht infantile)!
REIFE MENSCHEN
fallen wie birnen von den bäumen der gesellschaft.
aus vielen lautsprechern sagt die STIMME aus dem morast
STIMME:
wer die entwicklung seit 1945 verfolgt, weiß, welche enorme
quantität an zukunftsmalerei produziert wurde und wie wenige
dieser richtungen ein halbwegs achtbares alter erreichten und
heute bestenfalls irgendwelche dekorativen funktionen
ausüben, zum beispiel op-mode, mondrian-look. zu den
problemen einer verwirklichten zukunft werden sie genausowenig zu
sagen haben, wie es zur damaligen gegenwart der fall war. für
den nichtwissenschaftler sind atomkraft und atombombe eine
wirtschaftliche, machtpolitische, moralische frage, was auch in
anderen kunstsparten wie film und literatur zum ausdruck
kommt.
auf der LEINWAND (die sehr groß ist) sind indessen
angelaufen:
1) eine filmmontage aus sadowestern, sciencefiction und
samstag-abendkrimi aus dem fernsehen.
2) eine montage aus comicstrips, goethe und jerry cotton.
3) eine TV-diskussion über wichtige gesellschaftliche
probleme. es diskutieren ausschließlich literarisch
gebildete intellektuelle.
4) eine sex- und crimewelle, die schließlich alles mit
langeweile bedeckt.
dazu hält ein REDNER im kinosaal eine unhörbare rede über den enormen einfluß wirtschaftlicher,
machtpolitischer und moralischer fragen, wie sie in film und
literatur des 20. jahrhunderts zum ausdruck kommen.
SPRECHER:
die zahl der konsumgüter ist enorm gewachsen und
dementsprechend auch die leistungen, welche herr h. zur steigerung
des eigentums aller zu erbringen hat, egal, ob er etwa am bestehen
der gesellschaft in dieser oder einer anderen form interessiert
ist oder nicht.
HERR H. erscheint wieder und trägt zeichenkohle, farbkreide,
graphitstifte (sehr weich), tuschfäßlein, pinsel etc.
in einem tragkorb auf die scene.
der vogel wird auf den ast gesetzt. D in B einschieben.
SPRECHER:
zu seinem glück ist er es, denn er ist – offenbar – der
meinung, daß kunst einer weltanschauung verpflichtet ...
(durch fehler an der tonspur wird der sprecher undeutlich)
... oder dieser etwas zu leide zu tun habe. sein leistungsbeitrag
zum eigentum aller ist der ausdruck ...
transparent
QUETSCH
die STIMME aus dem sumpf murmelt selig:
STIMME:
ausdruck (!)
BILD: (total, eastmancolour, starke perspektiven à la
KUBRICK)
es erscheinen
NUS
BRÜHL und
MIETSCH
nun entsteht eine starke, dramatische handlung. von der leinwand
rieselt echtes blut. das publikum in den vorderen sitzreihen
entledigt sich des schuhwerks und wäscht sich korporativ die
füße rot.
DIE NEUE LINKE (von welcher sich kreisky distanziert hat)
erscheint zum protestmarsch.
SPRECHER:
im ! anfang ! war ! das ! wort !
(dieses gedicht ist von ERNST JANDL)
am schönsten wirkt der vogel, wenn der zweig an einer wand,
einer tür oder am fenster befestigt wird.
für 7.500 schillinge gibt es bereits dreimonatige
lachlehrgänge. billiger sind lachkurse auf platten, zum
beispiel:
insert (strahlende schrift)
13. oktober
(insert ende)
SPRECHER:
die kirche spricht zum tag der massenmedien.
BILD:
es erscheinen der reihe nach
SAN GIORNALE
SANCTA IMAGO MOBILIA
DER HEILIGE TELEVISIUS
DER SELIGE RADIO
und geben eine meinung ab. (danach haben sie keine mehr: es war
ihre einzige).
in der darauf folgenden viertelminute zur täglichen bildung
erscheint ein
SPRECHER
und interpretiert den begriff “kunstfleisch” aus einer
tageszeitung. er wird unterbrochen von
OSWALD WIENER
welcher infolge eines mißverständnisses “kunstfleisch”
als sein geistiges eigentum (1958! zeuge: der schreibende)
reklamiert.
JEMAND (sagt laut)
die forderung der gegenwart: GEWALT STATT VERNUNFT!
und wird von ALLEN, aber auch von ALLEN (! rufzeichen) in film und
saal ausgezischt. er fällt der verachtung anheim und
schämt sich schrecklich.
ein interview zitiert
DR. KREISKY:
für eine neue linke gibt es keinen platz in der SPÖ!
zehntens: benachrichtigen Sie bei entwendungs- und
brandschäden sofort auch die polizei!
BILD: hier wählt der regisseur am besten irgendeine der
zahlreichen wochenschaueinstellungen (selbstverständlich
ausländische, am besten amerikanische) mit prügelnden
polizisten
SPRECHER:
die executive und legislative des staates, aus welcher die
großen verwaltungsapperate hervorgingen, wurde noch im 19.
jhd. vom bürger gemäß (dh. im verhältnis zur
menge) seines besitzes bezahlt und erhalten. folgerichtig
schützten beide seinen besitz. die eigenexistenz der apparate
war also an die funktionsfähigkeit des eigentums gebunden:
versagten die apparate, so brach das eigentum zusammen.
zum unterschied dazu ist heute nicht mehr der besitz des einzelnen
sondern der besitz aller die bedingung und grundlage der macht der
apparate: um ihre existenz zu sichern und weiter auszubauen
drängen daher die apparate den einzelnen unbarmherzig dazu,
zu diesem besitz aller beizutragen.
im publikum werden transparente gehißt.
transparent
WER NICHT ARBEITET WILL TROTZDEM ESSEN!
ein SCHEISSGEIER flattert herum und verliert einige
kettenglieder. (man versteht: ein symbol der freiheit).
er kreischt:
SCHEISSGEIER:
kronenzeitung vom 14/6: “keiner der drei verhafteten hat anspruch
auf die bezeichnung student und keiner von ihnen hat eine
geregelte beschäftigung!”
die scenen auf der leinwand steigern sich zum tumult, die unruhe
greift auf das PUBLIKUM über.
STIMMEN:
arbeiter der stirn und der faust ...
CHOR: (singt à capella)
die integration des einzelgängers ist ein wichtiger
evolutionärer vorgang innerhalb der gesellschaft, welcher zum
erweiterten ...
hier geraten die stimmen durcheinander und werden deutlich
unrein.
die märchentante ANNELIESE UMLAUF-LAMATSCH erzwingt sich, auf
dem stuhl stehend, gehör und spricht kurz und prägnant
über denkmodelle.
MÄRCHENTANTE:
“..............................”
BILD: herr h. (groß)
auf seiner stirne erscheint schweiß (vom modelldenken).
ein bekannter politiker tritt vor die leinwand und erklärt
voll überzeugung:
POLITIKER:
die aufrechterhaltung und der weitere ausbau der
vollbeschäftigung müssen bei jeder form
österreichischer innenpolitik den absoluten vorrang
genießen. ein möglicher rückgang des
steueraufkommens könnte in seinen ferneren konsequenzen z.b.
vielleicht mein bescheidenes einkommen schmälern, was
unverantwortlich wäre und unbedingt vermieden werden
muß.
BILD:
zeigt die schon bekannte runde intellektueller diskutierer (es
können einige köpfe ausgewechselt worden sein). es wird
die frage anderer möglichkeiten der aufrechterhaltung der
vollbeschäftigung diskutiert. unter anderem werden
vorgeschlagen:
a) die sofortige einführung der wöchentlich zweimal
wiederholten abhaltung des zwischenbrückenlaufes
(reichsbücke/floridsdorfer brücke) mit
mäßiger teilnahmeprämie für jeden teilnehmer
und fetten 1., 2. und 3. preisen.
b) die züchtung von bakteriologischen schadstoffkulturen und
ihre distribution über ein dazu noch zu schaffendes amt zur
aufrechterhaltung der vollbeschäftigung des gewerkschaftlich
organisierten krankenpflegepersonals sowie zur besseren auslastung
der wiener spitäler und krankenkassen.
die diskussion ist sehr angeregt. sobald im publikum der tumult
abgeklungen ist, erscheint ein
PSYCHOLOGE:
bemerkenswert ist, daß der apparat im psychologischen sinn
gestaltqualität (!), jawohl, gestaltqualität besitzt;
das ganze ist mehr als die summe seiner teile und in die
verschiedensten, auch politischen (zwischenruf)
ZWISCHENRUF:
bravo!
PSYCHOLOGE:
auch politischen systeme transformierbar ist ohne seine
charakteristika zu verlieren; das individuum ist in diesem sinn
keine gestalt, sondern eher das exemplarische gegenteil
dazu!
JEMAND:
schreibt die schlagzeile “SEXSTUDENTEN ZUM PSYCHIATER” an die wand
und streicht sie demonstrativ durch.
alle – bis auf die betroffenen – verstehen diese freundliche
geste.
siebentens: legen Sie gegen zahlungsbefehle und einstweilige
verfügungen zur wahrung der fristen widerspruch ein!
transparent:
DIE FRAU DES CHEF-NACKERTEN VON DER UNI WIRD BEDROHT!
BILD: (blendet um)
SPRECHER: (trägt schlagzeilen der wiener presse vor)
6 nackte männer vollführen unbeschreibliche, perverse
orgie!
das publikum erstarrt in schweigen.
BILD bleibt schwarz, bis die orgie vorbei ist.
SPRECHER:
es folgt das ablesen von mao-tse-tung-phrasen.
anklage gegen uni-ferkel wurde sehr rasch erhoben.
gebt ihnen den weisel.
rädelsführer der stoffwechselparty in haft – keiner ist
student.
transparent:
INTERLUDUS: DAS KÜNSTLERISCHE UNVERMÖGEN
OTTO MÜHL (erscheint vor der leinwand)
und masturbiert unter maschinengewehrlärm ins publikum.
mehrere leute sinken zu boden, die leichen werden beschlagnahmt.
otto betrachtet verzweifelt sein erschlaffendes glied.
ende des interludus. es treten auf
ANONYME SCHLAGZEILE
nach sexorgie in der uni: wir werden den SÖS-boss
lynchen!
ferner die gestalt der
ÖSTERREICHISCHEN BUNDESVERFASSUNG, welche von
MARC ADRIAN (der von leim und rezensionen endgültig befreit
und vom brüllen heiser ist) gefragt wird
MARC ADRIAN: (schüchtern)
bitte wie ist das mit den künstlern und der
vollbeschäftigung und dem recht auf arbeit und entlohnung
nach jeweiliger leistung und begabung und den anderen rechten?
ÖSTERREICHISCHE BUNDESVERFASSUNG: hustet ihm was
BILD:
zeigt herrn h. der sich zum siamesischen zwilling stilisiert.
nachdem er sich verdoppelt hat, rast er, ein bicephales quadruped,
im bild umher, und stützt sich auf sich selbst. kurzfristig
versucht er die gestalt der wiener sezession anzunehmen und
balanciert drohend ein krauthäupel auf seinen
köpfen.
SPRECHER:
konsequent zu dieser entwicklung ist auch das kunstwerk als
eigentum nicht mehr denkbar, es sei denn als eigentum aller. als
handelsware führt es unter anderen spekulationsobjekten heute
noch ein relativ bescheidenes dasein: den größten teil
heute gemachter kunst kann man nicht mehr einstecken und
heimtragen, sondern nur mehr konsumieren: zb. realisationen von
großplanungsprojekten durch staat oder institutionen, filme,
theateraufführungen; oder der wert des einzelexemplares ist
zu gering, um spekulationen oder den eigentumsbegriff aufkommen zu
lassen.
während der letzten sätze hat sich zunehmend
protestgebrüll im saal erhoben. kunsthändler und
galeriebesitzer rotten sich zusammen.
transparent:
AUS DER WELT DER BÜCHER! BELLETRISTIK UND
SCHÖNES FÜRS HEIM!
ein riesiges buch aus papiermache wird gegen die leinwand
geschleudert. es tritt auf
RUDOLF ZWIRNER, ein galerist aus köIn und sagt zu marc
adrian
RUDOLF ZWIRNER: (scharf, skandierend, mit eisiger
mißbilligung)
von einem künstler kann man ja wohl auch einigen idealismus
erwarten!
noch andere galeriebesitzer und kunsthändler treten auf,
zb.
JEANNE BRISSAL, CESARE NOVA, DENISE RENÉE, JUAN VERTI,
CARDERA, H. F. MAYER, ein UNBEKANNTER ANFÄNGER im
kunsthandel, MRS HANSEN, HESELER und viele andere mehr, stellen
MARC ADRIAN auf ein podestchen (es darf nicht allzu hoch sein!)
und stülpen ihm große eimer über den kopf, die
außen mit “I” beschriftet und mit etwas unaussprechlichem
gefüllt sind. die scene erstarrt zum historischen
t a b l e a u
bis alle genügend applaudiert haben.
HERR H. (im publikum) sagt verächtlich:
des kennat mia net passieren!
ALLE glauben ihm das sofort.
dazu:
gastspiel des arlequin-marionettentheaters von profsssor arminio
rothstein. einleitung professor ernst haeussermann.
französischer saal parterre. ferner:
das lied der prairie!
C. TEX HAT, der gestalter der beliebten radiosendung, liest aus
seinem neuen buch
cowboys, badmen, texasrangers
es spielen die bluegrass specials.
zehntens: benachrichtigen Sie bei entwendungs-und
brandschäden sofort die polizei!
insert (bildung für alle!)
vorgeschichte: 6) gefäß aus der eisenzeit
7) römerkopf
8) altkroatisches ohrgehänge
(insert ende)
HERR H. (der den vorgängen nur mühsam folgen kann)
findet das alles unsinnig. im
BILD
erscheint der TELSTAR
SPRECHER:
der begriff des unsinns muß endlich als sinnlos erkannt
werden: er leistet nichts zu seinem eigenen verständnis. es
gibt nur wirksame leistungen, dh. gesellschaftlich relevante, und
solche, die das nicht sind. sonderbarerweise sind es meist die
letzteren, welche, artistisch, dem publikum konfrontiert, von
HERRN H. als sinnvoll, wenn auch möglicherweise
ablehnenswert, empfunden werden, weil sie im gewohnten sozialen
(künstlerischen? – herr h. ist künstler(!) ) kontext
stehen. dementsprechend ist das artistische “un”sinnig und
interpretation der versuch der eingliederung des phänomens in
den sozialen konte ...
hier ist die lichttonspur sehr abgespielt und gurgelt bis der ton
ausbrummt.
zur erläuterung springt die kronenzeitung ein:
KRONENZEITUNG:
brus zog sich splitternackt aus, sang die österreichische
bundeshymne und schockierte vor allem die anwesenden studentinnen
mit unsittlichen handbewegungen.
insert (von der KRONE bezahlt!)
UND DAS SOLL KUNST SEIN
(insert ende)
hörsaalbeschmutzer OSSI WIENER steht auf einem stuhl und
sagt, der schlagzeile folgend
OSWALD WIENER: (brüllend)
wir sind die pioniere der neuen entblößung!
ende der schlagzeile. im
BILD:
(sendung zur erweiterung des historischen basalwissens der
laien)
5a. graphische darstellung (ein grundriß) zagrebs
mit vorgeschichtlichen fundorten.
PUTER KEBELKA: tritt auf und tut einen bekannten ausspruch in der
nachfolge von C. DOMITIAN NERO und CASSIUS CLAY. zwischen seinen
arschbacken erscheint eine totenhand.
SPRECHER: (zitiert w. wieser, organismen, strukturen, maschinen,
s. 84)
... dies entzieht gleichzeitig der auffassung den boden, daß
regellosigkeit, indetermination und nicht voraussagbarkeit dem
begriff der ordnung widersprechen. das
BILD:
(dem das zu langweilig ist,) ist ausgangen und wird ersetzt
durch
BILD:
(aus dem hintergrund des saales werden über life-ampex zur
leinwand überspielt folgende scenen)
LIFE:
einige junge frauen (STARLETS) werden von DR. BUBIS KIN0, einem
gut subventionierten privatproduzenten der kommerziellen
berufsfilmbranche, bis an die grenzen der sittlichkeit
entblößt, mit geübter hand über die
sessellehnen nach hinten zurückgebogen und so der anblick
ihrer beine in nylons und abendsandaletten der kamera (dem
publikum) preisgegeben. anschließend durchschneidet der
produzent die prallen gurgeln der frauen mit einem
glasscherben.
DR. BUBIS KINO:
seitdem ma de filmkrise ham is aafacher mit da subvention!
während das blut über die brüste der
schauspielerinnen riesel, ertönt aus dem gewirr zuckender,
nylonbestrümpfter beine die
BUNDESHYMNE
welche aber sofort nach 299a verboten wird!
das fernsehen hat aber seine eigenen produktionen, daher schaltet
das BILD wieder zurück auf
BILD:
platz der republik, (fluzeugaufnahme).
insert (2.)
AUS DER WELT DER BÜCHER!
(insert ende)
inzwischen ist es 15.00 uhr geworden. man sieht trittrollerfahrer
unterwegs ins land der bücher. conférence: ROSEMARIE
ISOPP. es lesen professor KARL BRUCKER und MIRA LOBE. unter
mitwirkung eines zauberers und eines kinderchors.
französischer saal, parterre.
SPRECHER:
wien und die wiener. eine sonderschau der antiquare
österreichs mit quiz und schönen preisen.
hier werden im publikum stimmen der entäuschung laut, ein
neuerlicher tumult bahnt sich an, jemand erklärt
verärgert:
JEMAND:
kunst is des kaane! des ist aa ka kunst net.
ein INTELLEKTUELLER sagt mit gräßlichem
lächeln:
INTELLEKTUELLER:
wir wollen euch doch verstehen!
MARC ADRIAN (versucht erneut sich verständlich zu machen)
wird überbrüllt vom SPRECHER
SPRECHER:
fallen die erwähnten mitrealen sozialaufgaben des kunstwerkes
weg, so bleibt als einzige wirkung des kunstwerkes die der
bewußtseinserweiterung, also information!
MARC ADRIAN:
infirmitiin kinn sintiktisch idir simintisch irfilgin idir in
bidin frmn zglch n qntttv mßbrn brchn ...
SPRECHER:
natürlich darf ein gewisses, eben noch konsumierbares
maß an komplexität nicht überschritten werden,
ohne daß die redundierung mangeIs consensbildung
verunmöglicht ...
MARC ADRIAN: (begeistert)
ein schönes wort. artistisch brauchbar!
SPRECHER:
ebenso abträglich wirkt bei konsumation von kunst eine
übertriebene ... ion ...
hier ist die tonspur wieder gestört, brummt aus
MERKE: dieses scenario ist ein kunstwerk!
ED SOMMER (ist angereist, tritt auf, spricht)
ED SOMMER:
sodaß neben der frage, welche bedeutung bedeutung habe, auch
die frage auftritt, ob die bedeutung eines dinges (wortes,
begriffes, ereignisses) anders als durch das ding etc. selbst
erfassbar und ausdrückbar ist.
MARC ADRIAN (auf dem stuhl stehend, verzweifelt und aus
leibeskräften brüllend, um den protestierenden lärm
des publikums zu übertönen)
MARC ADRIAN:
au chre infOR maleve ränder UNge NSCH affe nin FORM Ativ eEr
weiter UNGIM selbenen semble!!
gibt versagend auf, stürzt zu boden. wird von den
protestierenden publikumsmassen überwälzt,
verschwindet.
SPRECHER: (zitiert w. wieser, wie oben)
der widerspruch der ordnung ...
wird zeitweilig unhörbar, ein DICKER MANN hat sich vor die
leinwand gestellt und verlangt im namen aller (aber auch
ALLER)!
DICKER MANN:
ich will mir dabei etwas denken können, nichtwahr, in der
sprache, nichtwahr, wenn ich ein schönes bild sehe, nichtwahr
...
brausender beifall, spontane forderungen aus dem publikum werden
eingebracht, andere redner schwingen sich auf die tribüne
MÄRCHENTANTE:
der künstler soll etwas zu sagen haben, nichtwahr!
VERTRETER DES BUNDES DER KUNSTERZIEHER:
wir sind für verbindliche aussagen verantwortlich!
HERR H. (ganz groß auf der rednertribüne)
es gibt eine reale umwelt!! auch die verwirklichte zukunft wird
mit so realen faktoren fertig werden müssen wie politik,
rassismus, überbevölkerung und anderem mehr!
da der filmvorführer, zur beschwichtigung des tumultes, die
lautsprecher auf FULL stellt, ist der SPRECHER wieder zu
hören.
SPRECHER:
alle information teilt sich durch wahrnehmungsvorgänge mit.
die entscheidende rolle dabei übernehmen die
kohärenzfaktoren, welche eine. indi. viduelle.
ihihnderbrädasion des wahrgenomm. ermög ...
hier reißt die tonspur endgültig ab. ein neuer film
wird eingelegt und auf der leinwand erscheint, zum entzücken
des publikums,
insert
typische ausdrucksmittel. 1. das zeichnen
(insert ende)
BILD: (große totale)
in einer grau-rosa wolke des total umweltbezogenen kunstwerkes
geht herr h. über dem horizont auf. er sitzt im gigantischen
nähkörbchen seiner großmutter und mickt und streißelt mit daumenstarken geräten aus
böhlerstahl mehrere imitationen des “sterbenden sklaven” von
michelangelo. die imitationen sind schlecht.
SPRECHER:
in der gegenwärtigen epoche deckt sich die varianzbreite der
grenzfälle mit dem durchschnitt. von einer kunst der
geisteskranken oder geistesgesunden zu sprechen, ist
dümmlich.
beunruhigung im publikum. jemand ruft!
JEMAND:
des hams falsch z’ammkopiert, des!
insert:
die künstlerische persönlichkeit.
(insert ende)
BILD:
inneres der fissure calcarina, schematisch, erregt durch beispiele
von puristischer malerei vor den sensorischen außenorganen.
es sind etwa 2 millionen schaltkreise in tätigkeit, die
assoziationsfelder überlastet, das system steht vor dem
zusammenbruch.
(umschnitt)
BILD:
sollte den künstler von außen zeigen, leider ist die
kopie völlig unscharf, man kann nichts erkennen.
HERR H. (im publikum) flüstert ängstlich, aber
entschieden:
nur keine spezialisierung! zeichnen kann jeder! zeichnen ist
elementar! (erschrickt) was heißt das eigentlich?
SPRECHER:
informationsgehalt und komplexität sind direkt proportional.
überblick über sozial relevante kunstströmungen ist
nur durch erfassen der breitesten streuung innerhalb der
präsentation möglich.
BILD:
herr h. pumpt mit einer luftpumpe einen komischen mann aus granit
auf, er schwitzt und brüllt mehrfach “das werk! elementar!
das werk!”
anschließend platzt der granitmann, herr h. sinkt zu boden
und kreischt mir erloschender stimme:
HERR H.:
interpretation ist infantil!
danach gleitet er über den rand in eine grube und tritt im
folgenden nicht mehr im film auf.
das publikum ist nun ernstlich verärgert und der
vorführer legt daher die alte rolle ein, die aber auch schon
fast zu ende ist. der sprecher beginnt wieder mir w. wieser, (wie
oben)
SPRECHER:
der widerspruch der ordnung ist das zerbrechen der ordnung, nicht
die regellosigkeit komplexer systeme. diese ist vielmehr die
voraussetzung dafür, daß das unerwartete und neue in
der welt geschieht.
BILD:
umschnitt in einen gerichtssaal. GÜNTHER BRUS. er spricht
ruhig und aggressionslos.
BRUS:
ich habe bekleidet den saal betreten und habe mich dann
ausgezogen. eine weile stand ich ruhig da, dann bestieg ich das
podium, stand wieder eine weile da und habe dann uriniert. dazu
sang ich die studentenhymne “gaudeamus igitur”. anschließend
drehte ich mich um, gesicht zum publikum, und verrichtete die
große notdurft. ich verschmierte kot auf meinem körper
und sang dazu die bundeshymne. ich betrachte diese aktion als
direkte kunst.
hier erwacht herr h. im publikum, aus lethargie und
schöpferischem traum und sagt
HERR H. (energisch)
na hearst, und das werk? was issn mitn werk?
inzwischen geht der film seinem ende zu, das bild zeigt jetzt
BILD:
den ort der handlung, den erwähnten – sehr großen –
kinosaal, der unter den klängen der ÖSTERREICHISCHEN
BUNDESHYMNE majestätisch über den köpfen des
publikums in wolken von staub zusammenbricht.
das publikum, dadurch auf die vermeintliche gefahr aufmerksam
geworden, rast panikartig aus dem saal, voran herr h.,
während das BILD langsam ausblendet, vernimmt man den
sprecher, welche weiter w. wieser zitiert:
SPRECHER:
dadurch wäre gezeigt, daß auch ein völlig
regelloser (stochastischer) mechanismus, wenn er nur in ein
anderes geregeltes system eingebaut ist, bei störungen das
system in stabile zustände zurückzuführen imstande
ist.
( g r o ß e s c h l u ß
b l e n d e )