Reinhard Schleining RAW CUT Grausamen & Liebreizer

21. opfer


der ofen war aus, die weissagungen des geistesgestörten propheten hatten sich in keinster weise bewahrheitet und alles, was von der gedenkstätte übriggeblieben war, war ein futzel von einem maroniblatt, das verhalten auf dem opferaltar lag, unverdorben, ursächlich und geheimnisvoll.
kommt, meine kinder, folgt mir, sagte der führer zu seiner zwergwüchsigen gefolgschaft und sie folgten ihm. in annäherung an ein tiefsinniges sinkendes schiff gruppierten sie sich neugierig um den steinernen altar und brachten ihm ihr singendes gekicher zum opfer, stülpten ihre verdorbenen atemwolken um das jungfräuliche, zerbrechliche braunblatt des heiligen kastanienbaums und hielten sich gegenseitig an den händen. alle waren sie ergriffen von dem schauspiel, sogar der kleinste von ihnen, ein zeitgenosse, der sonst immer beide und sogar sein drittes auge zudrückte, nahm teil am wonnevollen geschehen dieses samstagnachmittags, dieses treff- und schnittpunktes zweier welten, an dem sie sehr viel dazulernten über die geheimnisse und mysterien des einstein'schen universums.
sie baten um etwas, jeder einzelne von ihnen und die fragmentierten überreste der steinernen heidenkirche lagen im wald verstreut und verschluckten die in den himmel und aus der kehle geschrieenen gebete der gottesfürchtigen zwerge. sie sogen sie auf wie ausgetrocknete schwämme, quollen und blähten sich auf, bis sie einen zustand der homöostase erreichten, sie die genetische information wiedererlangt hatten, die ihnen seit fünfzehntausend jahren langsam und mit bedacht entzogen worden war, aminosäure für aminosäure. doch die gebete der zwergwüchsigen kreaturen dauerten an und die magischen steine erhielten somit zusätzliche informationen, aus denen sie in zukünft schöpfen konnten, aus dem zustand der sättigung entstand ein zustand der übersättigung und für eine kurze zeit genossen sie das.
ihr müßt vorsichtig sein, bedacht sein auf die gefahren, die euch drohen, wenn ihr eure bitten im übermaß aus euch herausschreit, belehrte sie der führer der klitzekleinen zwergengruppe und hob zur bekräftigung seiner worte seinen arm in die höhe, handfläche nach vorn. er hatte einen sechsten und einen siebenten sinn ausgebildet, war dementsprechend in äußerstem maße sensitiv für naturkräfte aller art und spürte das drohende unheil, das von den überresten der miniaturkathedrale ausging, die diese informationsfülle nicht würden verarbeiten können. mit seiner ganzen autorität, die nicht zu unterschätzen war, gebot er seinen untertanen einhalt, er forderte sie auf, ihre mäuler zu verschließen und fürbitten oder ähnliches für heute zu unterlassen, damit es nicht zu einer katastrophe unvorhersehbaren ausmaßes käme. anfangs schienen die zwerglein brav zu gehorchen, sie mäßigten ihr geleier, doch es war um sekundenbruchteile zu spät, die gesteinsbrocken waren nunmehr vollgesogen und mußten die lästige und beschwerliche zusatzinformation in form von antimaterieemissionen wieder abgeben.
das kam natürlich einer katastrophe gleich, denn das bedeutete, daß den armen betern die haut in fetzen von den gesichtern flog und wie von unsichtbaren fäden gezogen auf dem steinalten opferaltar gleich über dem maroniblatt liegenbleib. nun, wahrscheinlich wollten das die zwerge irgendwie, es waren sicher unbewußte bewußtseinsinhalte, die sich in die umwelt des waldes und in die überreste einer verfallenen kathedralanlage hineinmanifestierten. wer konnte das schon mit sicherheit und absoluter exaktheit feststellen. was jedoch sicher war, war die tatsache, daß die armen zwerge sorgsam abgeschält auf dem opferaltar aufgeschlichtet waren und somit natürlich nicht mehr am leben waren, weiters konnte als sicher gelten, daß sich ihre mühsam hervorvorgebrachten bitten durch ihren vorzeitigen todeserguß nicht mehr erfüllen konnten, sowie auch der beweis angetreten wurde, daß der führer ebenfalls aus antimaterie bestand, weil er noch immer mit erhobenem arm und unbescholten herumstand und den mundwinkel verzog, so als wollte er sagen, ich habe euch ja gewarnt, ihr ungläubigen wichte(l).
wieder einmal war die mühe vergeblich gewesen. alle gehorchten sie ihm, alle warteten darauf, von ihm irgendeinen, auch den nichtssagendsten befehl zugeteilt zu bekommen und doch ging es am ende immer daneben. in solchen situationen, da hieß es kühle nerven bewahren und nicht verzweifeln, eventuell eine bachblütentherapie beginnen und auch sonst meditieren, meditieren, meditieren, da führte einfach kein weg drumherum. es blieb ihm nichts mehr zu tun übrig, hier, an diesem trostlosen und grausamen ort. das maroniblattfragment würde sein übriges tun, indem es für die nächsten sechsundvierzig jahre hautfetzen als nahrungsquelle parat hatte und die steinbrocken, die irgendwann einmal in einem geschlichteteren und geordneteren zustand eine heidnische kathedrale darstellten, hatten jetzt informationen, an denen sie weitere zweiundvierzigtausend oder sogar mehr jahre knabbern konnten, während die flimmerkiste rannte und sie als verkabelte teilnehmer am worldwide-network rund dreiundsiebzig kanäle parat hatten.
noch einmal drehte sich der führer um, erwies quasi der totenstätte seiner treuen zwerge seine letzte gütige ehre und schlenderte dann schnurstracks in den wald hinein, wo er sich verspielt seinen weg durch das raschelnde laub bahnte, das die relativ mächtigen bäume verloren hatten. relativ zu ihm natürlich, denn seine macht kannte keine grenzen (oder fast keine), wie wir am vorigen geschehen die ehre hatten, live mitzuerleben. und obwohl diejenige – die macht natürlich, was sonst – der bäume da schon wesentlich mehr grenzen kannte, konnten sie immer noch als mächtig gelten, soviel war schon drinnen.
frohgemut schlurfte der führer also dem mythos zufolge in den dunklen wald hinein, wo ihm alle tiere wohl gesinnt waren und es gut mit ihm meinten, sogar wahrhaftige freunde waren. nun ja, es gab da ein tier, das wieder mal eine extrawurscht darstellte, es war dies die graugefleckte baumwickelspinne, die im führer eine ernsthafte konkurrenz ihr gegenüber witterte – womit sie vielleicht, nebenbei bemerkt, gar nicht so unrecht hatte – und die ihm – verraten wir's ohne viel umschweife – eine falle stellte, in die er wie ein dummer junge, oder, um einen anderen vergleich zu verwenden, wie ein blutiger anfänger prompt hineintappte.
diese falle war ein klug ausgetüfteltes ekelklebriges netz mit spezialschleimbeschichtung und speziell für diesen zweck entwickelten unzerreissbaren naturfaserstoffen. vorgestern hatte sie ihr patent dafür erhalten, und schon haben sich unzählige großkornzerne bei ihr gemeldet, die ihr die produktionsrechte abkaufen und ihr den mund wässrig machen wollten, indem sie ihr versprachen, sie zu einer glücklichen reichen spinne zu machen. sie hatte das natürlich entrüstet abgelehnt, das einzige, was ihr am zartbitteren herzen lag, war die vernichtung dieses stinkenden subjekts, dieses westentaschendesperados, den sie den führer nannten, und der für ihre begriffe schon jetzt viel zu viel macht besaß. sie stellte sich ernsthaft und ohne umschweife die frage, wo das noch hinführen sollte, wenn jeder x-beliebige sich zum führer emporschwingen könne, gleichgültig, ob er oder sie jetzt aus antimaterie bestand, oder nicht. was war das schon, schließlich bestand sie ja aus multimaterie, und das war immerhin erheblich mehr.
ihr kurz entbrannter zorn legte sich sogleich wieder, denn nunmehr kam das opfer herbei, die spannung stieg, immer näher gelangte es an das sauber unsichtbar gemachte netz der graugefleckten baumwickelspinne und tapp! ging es – sie erinnern sich, wir haben es oben bereits erwähnt – in die sauber gelegte falle. die spinne, die, wie es schien, ein echter profi war, lachte sich ins spinnenfäustchen – wenn es so etwas überhaupt gibt – und sah gierig und lüstern – es tropfte ihr aus allen nur erdenklichen löchern – zu, wie die sorgsam zubereitete spezialschleimbeschichtung den – wie es den anschein hatte – zu wenig mächtigen führer verdaute.
na bitte, dachte sie sich, das war ja gar nicht so schwer, und der führer dachte sich, während die wirklich genial komponierte chemische zusammensetzung der spezialschleimbeschichtung seine haut – antimaterie, oder nicht, das war vielleicht das genialste daran – zerfraß, ja, du graugefleckte baumwickelspinne, hiermit erkenne ich deine autorität an, aber nun auf in eine neue inkarnation. daraufhin verließ er seinen anti- aber materischen leib und transportierte seine scheinbar doch irgendwie mächtige seele in den astral- oder ätherleib – so genau verriet er es uns nicht, das machte ihn ja gerade so mächtig, daß er so seine geheimnisse hatte, hinter die niemand blicken konnte, auch die ihrer selbst so sichere graugefleckte baumwickelspinne nicht, die ja keine ahnung hatte, was da alles mit der seele des führers geschah, welche unergründlichen wege diese gerade beschritt.
das einzige, was sie sah, war das langsame verdautwerden ihres verhaßten feindes, das zerfressenwerden seiner sportlichen bodybuilderzellen und sie lachte. lachte, daß man es im ganzen wald hörte. und die tiere und bäume des waldes dachten bei sich, heute spinnt sie mal wieder, die spinne.


22. krokodilliebe


das ganze begann, als er seinen afrikaurlaub plante und sich die ganzen fotos von den hübschen, netten pyramiden vor seine augen führte, die in seinen unzähligen reiseführern abgebildet waren. da waren auch sie, die pharaonischen krokodilweibchen mit ihrer unfaßbaren erotischen ausstrahlung, die sich fotogen wie das römische kolosseum im nilwasser tummelten und um die gunst der reptilhengste buhlten, die sich im angesicht solcher reize nicht zweimal bitten ließen und es ihnen tüchtig besorgten. diese pornographischen szenen waren selbstverständlich nicht in seinen führern abgebildet, sitte und anstand blieben gewahrt, darauf waren die herausgeber stolz, aber er machte sich selbst einen reim darauf, die exzessiven paarungsszenen liefen vor seinem inneren auge ab wie ein videoclip, die ineinander verschlungenen körper, die hautpanzer, die aneinanderschabten, das aus den gewaltigen mäulern sich entringende keuchen und stöhnen, das klatschende geräusch der ins wasser peitschenden krokodilschwänze.
er mußte unbedingt dorthin, er mußte sie unbedingt alle haben, diese fruchtbaren und leidenschaftlichen krokodilweibchen, er würde alles dafür tun, um sie zu besitzen und von ihnen besessen zu werden, also buchte er sie, diese reise, die sein leben so grundlegend verändern sollte und ihn mit absolut neuartigen facetten der existenz konfrontierte. er kam an, sah sich ein wenig um und schloß prompt die ersten flüchtigen bekanntschaften mit den hiesigen krokodilprostituierten, die sich auf seine fremdartigkeit bereitwillig einließen und ihm unmißverständlich zu verstehen gaben, daß sie es sich auch ihrerseits voll auf ihn standen. als es dann soweit war – das berühmte erste mal mit anderen worten – konnte er sich vor wonne kaum bei besinnung halten, seine erste krokodilgeliebte war so voll mit ungehemmter liebes- und leibeslust und zog ihn in einen strudel von noch nie durchlebter wollust hinab, daß er sich schwor, von nun an nur mehr mit weibchen ihresgleichen sexuellen verkehr zu pflegen. und so ergab eines das andere, er verließ die klauen der einen geliebten, um sich an den zartbehäuteten bauch seiner nächsten zu schmiegen, eine eroberung löste die nächste ab, den scharf-säuerlichen geruch der einen noch in der nase, schnüffelte er bereits am berauschenden krokogenital der folgenden.
die tage vergingen, alles zerfloß im rausch der zügellosen leidenschaft, er machte erfahrungen, für die andere ein ganzes leben lang keine zeit fanden und erwachte eines morgens – er hatte gerade so eine sexy krokolady neben sich auf dem durchgewühlten bettlaken liegen, die ihren sinnlichen schwanz zwischen seine weiß gott befriedigten schenkel schob – und wurde sich mit einem schlag der realität und damit dem ernst der lage bewußt, in der er sich seit nunmehr sieben wochen befand. sein in mühsamster kleinstarbeit zusammengespartes geld löste sich langsam in luft auf, er hatte seinen job aufgegeben und so wie er mit seinem arbeitgeber verblieben war, keine chance mehr, ihn wiederzubekommen. er war hier in einem fremden land, dessen sprache er nicht verstand, kapselte sich von allen menschen ab und das einzige, was er tat, war sich täglich ein anderes krokoweibchen mit aufs zimmer zu nehmen, weil er von ihnen geradezu besessen, ihnen rettungslos ausgeliefert war. das konnte natürlich nicht ewig so weitergehen. irgendetwas mußte geschehen.
daß es dann allerdings so kam, konnte er damals natürlich noch nicht ahnen. sie nahmen ihn hops, den armen, die hiesigen bullen kamen in sein zimmer gestürzt und legten ihm handschellen an, der kessen krokodillady wurden die ausweispapiere abverlangt und dann gings ab ins kittchen. erst jahre später schloß man seine zelle wieder auf, um ihm den grund für seine verhaftung mitzuteilen. er war illegaler besitzer seines heroinpenisses, das mag zwar komisch klingen, ist es aber ganz und gar nicht, es kamen heroinmoleküle statt samenzellen aus seinem schwanz und das machte die krokoweibchen so fickrig, aber auch so abhängig und auch er selbst war abhängig. abhängig von sich selbst, was für ein drama. aber davon ein anderes mal.
an dieser stelle genügt es, wenn wir festhalten, daß er ein sonderfall war, ein unikat gewissermaßen, das nach seiner freilassung, die feierlich begangen wurde und wo er beim heiligen gralskelch schwören mußte, sich zu bessern und in erster linie immer und stets kondome beim crocodile-fuck zu verwenden, daß er also nach seiner heimreise zur lokal- und weltberühmtheit emporgehievt wurde, was sein nach jahrelangem praktischen und theoretischen strafvollzug zerschundenes ego rasch wieder auf vordermann brachte.
alle frauen der welt wollten sich von seinem heroinpenis begatten und besaften lassen, er aber dachte nicht einmal in seinem feuchtesten traum daran, ein menschenweibchen auf seinen mitunter harten schwanz klettern zu lassen, um sein kostbares gut bei und in ihnen zu verschleudern, nein, nachdem er nun einmal die echte, wahre krokodilliebe kennengelernt hatte, wußte er ganz genau, wo es für ihn in zukunft in sexueller hinsicht langging. obwohl er tag und nacht von hysterischen frauenmassen belagert wurde, die an anzahl ungefähr die zwanzigfache menge von beatles, rolling-stone und elvis presley-spektakeln zusammen bei weitem überstieg, blieb er diesem grundsatz treu und vergoß seine liebe nur mehr an die dafür extra aus memphis eingeflogenen geliebten.
es gab natürlich auch – das hat das berühmtsein so an sich – viele nachahmer seiner passion. krokodilweibchen mutierten zum männerpartyklatsch, wo in ausführlichen schilderungen deren fellatiofähigkeiten gepriesen wurden, die durch die rhythmische zahnverteilung im maul der krokos zustandekamen. massenhaft reichten erboste und gedemütigte ehefrauen scheidungsklagen aufgrund der seitensprünge ihrer männer ein, die sich mit einer oder manchmal sogar gleich mit mehreren krokodilgeliebten ein- und ausließen. viele setzten ihre ganze existenz, die da wäre: toller job, brave ehefrau, hypothekenbelagertes häuschen in der stadtperipherie, zwei kindlein und fast ausbezahlter mercedes (in dieser wertigkeitsskala), auf's spiel, nur um sich mit einem attraktiven krokoweibchen auf und davon zu machen, durchzubrennen wie die sicherungen in ihren köpfen während des liebesspiels.
dann gab es da noch einige männer, die auf die ausgezeichnete idee kamen – manchmal hatten auch ihre ehefrauen diese idee – sich heroinkatheder vor dem geschlechtsverkehr zu verabreichen. das war allerdings ein gefährliches spiel, denn viele hatten probleme damit, die dosis genau abschätzen und gaben sich eine drüberdosis und damit den tod, der jedoch meist während des sexual live-acts eintrat und somit einigermaßen erträglich wurde. einschlägige wochen- und tageszeitungen gaben indes tips für den richtigen umgang mit diesen "cockpushers" – wie sich ein begriff einführte – heraus und in großen und mit millionenschwerem mattscheibenpublikum ausgestatteten talk- und quizshows wurden die erfahrungen mit "krokosex" und "cockpushing" bis weit über die unerträglichkeit hinaus ausdiskutiert.
für ihn – den entdecker der krokodilerotik und stolzen besitzer des einzigen originalen heroinpenisses auf erden  war das leben eines stars eher unangenehm, mit ausnahme der kohle, die er haufenweise scheffelte, indem er zum beispiel nur kurz einmal in einem werbespot auftrat und eine anerkennende bemerkung über ein produkt machte, das nach seinem original-samenflüssigkeitsrezept hergestellt war (man beachte, daß heroin damals schon seit längerer zeit absolut legal war). mit den ganzen millionen, die er absahnte, reiste er zurück nach ägypten, besuchte seine einstigen geliebten, fand zahlreiche neue, revolutionierte das ehegesetz, indem es ihm als ersten menschen gelang, sich mit einem krokodilmädchen standesamtlich und kirchlich zu vermählen und lebte fortan glücklich bis ans ende seiner tage in einer traumvilla am fuß der hehren pyramidalgräber und am bein des breiten und mächtigen flusses, dem sie seinerzeit den wohlkingenden namen nil gaben, den er sich bis zum heutigen tag bewahren konnte wie die krokodile, die darin herumschwammen und es ungehemmt miteinander trieben.


23. aristokrat


stephen sah an sich herunter und bemerkte mit erstaunen und entsetzen, daß seine unterhose, mit der er seit gut dreißig jahren in der stadt herumlief, verrutscht war und alle es sehen konnten, das genitale durchlauchterlebnis, denn sir stephen war von adel. also, was war zu tun. zuerst einmal mußte er sehen, wie er von der straße wegkam, denn genau dort fand der skandal ja statt, danach mußte er seinen nackten und wohlbemerkt unbeschnittenen schwanz wieder in seine angebrunzte unterhose verpacken und hoffen, daß so ein skandal nicht wieder passieren würde. als drittes würde er sich wieder auf die straße zurückbegeben, so tun, als wäre etwas gewesen – er war ein abgrundtief ehrlicher mensch, unser sir stephen – und seinen weg zur kerzenhandlung ecke frohleichengasse fortsetzen. vielleicht würde sich bis dahin auch etwas ergeben, so ein kleines rendezvous zum beispiel, mit einer von den schmierig-erotischen klofrauen, die um diese nachmittagsstunde in dieser gegend immer ihre bahnen – oder waren es bananen – ziehen, mit anderen worten also auf der straße herumstreunten, weil die leute meistens zu mittag oder am abend pissen gingen, der nachmittag also ihnen gehörte, und sie wußten das zu nutzen.
so auch an diesem tag, in der tat kam das rendezvous zustande, der aristokrat mit der urinverseuchten unterhose kollidierte drehbuchgemäß mit einer von den adretten und drallen klofrauen, die, wie gesagt, am streunen waren, auf der suche nach wild, das sie nach herzenslust und gehirnsgier verspeisen konnten und allemachen. der aristokater war so ein tier. und er wollte verspeist werden, am besten noch heute und mit fäkalzutaten. das ließe sich machen, versprachen ihm die kollaudierten pissoirjungfern und wiesen ihn in das unterirdische labyrinth ein, das als städtische toilette bei manch einem harnverhalter bekannt geworden war, wo sie ihre ruhe hatten vor den verständnislosen ungläubigen mitbürgern, die für solche unternehmungen keinerlei mitgefühl, geschweige denn zustimmung und beifall aufbringen konnten.
sodann machten sie sich ans werk, sie strippten ihm den schlotterslip vom arsch und fetzten ihn in die nächstgelegene pissschüssel, wo er gutaufgehoben liegenblieb und auf sein herrchen wartete. dann wutzelten sie an seiner nudel herum, bis sie erste anzeichen von sich gab, ein wenig in stimmung zu kommen – von in fahrt konnte vorerst noch keine rede sein – aber das war schließlich nur eine frage der zeit und der geduld, denn wofür sonst konnten die klo(ster)frauen auf jahrzehntelange tut- und blaserfahrung zurückblicken, wenn sie nicht im geeigneten augenblick den gekränkten schwanz eines degenerierten, abgehalfterten grafen zum leben erwecken könnten. nach gut zweieinhalb stunden – in denen stephen, die alte adelssprosse, zweimal aufgrund von notorischem und somit natürlich neurotischem wasserlassens die zeremonie unterbrechen mußte – hatten es die wackeren muschelwaschweiber endlich geschafft. er stand waagrecht und sir stephen senkrecht dazu. ein geometrisches schauspiel also, mit einer prise pissoirgeruch untermalt, zur bereicherung des bühnenbildes und weiteren stimulierung der bereits erhitzten gemüter. was nun folgte, war adelssex von reinster güte, da konnte ihm so schnell keiner was vormachen, dem aristokater stephen of goofbrough. die ladies of toiletteburg auf der anderen seite des spieles gaben ihm kontra, ihr letztes, sich hin und schließlich auf. er schaffte sie alle und das war gut so, wurde doch sein stolz, himmelblaues blut und grasgrünen samen in sich zu tragen, bestärkt und konnte für zwei stunden wieder in seinem herzen wohnen, wo er sich auf die dauer nicht so recht zu hause fühlen wollte. er holte seine american excess karte, die tag und nacht zwischen seinen hinterbacken steckte, hervor und bezahlte die ganze inszenierung mit einer riesen- also extraportion trink- und schmiergeld, schnappte sich sein rudimentäres bekleidungsstück und begab sich dann wieder auf die erd- oder besser asphaltoberfläche, wo er – den verwunderten und entrüsteten blicken zum trotz, die ihm die ganzen netten menschen entgegenwarfen wie grobe steine – mit oben genanntem stolz in der brust weiterflanierte.
stephen war nicht von gestern, das muß man ihm lassen. er kannte das leben und die regeln, die es einem braven mitbürger abverlangte. fragte ihn einer, warum er denn lediglich mit einer unterhose und darüberhinaus noch mit einer fünf wochen alten in der gegend rumlief, dann antwortete er einfach, weil es so heiß ist. (manchmal sagte er auch, weil es so kalt ist, aber das kam eher seltener vor). verwechselte ihn mal einer mit einem der heruntergekommenen penner oder mit einem geistesgestörten hippiejesus, dann klärte er ihn oder sie mit den worten auf, gnä herr – oder gnä frau, je nachdem, ob sich deren oberbekleidung in der tittengegend oder in der schwanzgegend wölbte – ich bin sir stephen of goofbrough und das – er hantierte am hinterteil seines intimschoners – ist meine american excess-karte, sie sehen also, hier muß eine verwechslung vorliegen. das nahmen ihm etwa sechsundneunzig prozent der verwechsler ab, die restlichen drei prozent konnte er von der echtheit seines aristokratendaseins und von der falschheit ihres skeptikerdaseins nur dadurch überzeugen, indem er sie in ein vierstündiges gespräch über die eheproblematik von prinz diana und lady charles verwickelte.
im großen und ganzen hatte stephen ein schönes leben, er vegetierte in den tag hinein, hoffte auf gelegentliche kloabenteuer und sang alte minnelieder vor vergammeltem kreis. dann und wann erwischte ihn ein seitenhieb eines kolonialbullen, der ihn nicht nur straucheln ließ, sondern auch schwer zu fall brachte. er mußte dann immer still auf dem kalten pflaster liegenbleiben, die beine hochlagern und warten, daß sich seine malträtierte birne wieder gnädig auf die erde herabsenkte. das waren die eher unerfreulichen begleiterscheinungen, die man, so dachte er bei sich, in kauf nehmen mußte, wenn man aus edlem adelsholz geschnitzt war. denn schließlich, so schlußfolgerte sir stephen of goofbrough aus seiner jahrhundertelangen lebenserfahrung, die langsam zu einer weisen reifheit (oder zu einer reifen weisheit, wie man's nimmt) gewachsen war, hat eben alles seinen preis. und den konnte und wollte er einfach immer bezahlen, in erster linie, indem er seine american excess-karte aus seinem arsch zog und seine unterschrift auf einem zettelchen hinterließ, wie urinspuren auf dem frontteil seiner steinalten unterhose.


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