Reinhard Schleining RAW CUT Grausamen & Liebreizer

27. fliegen


es gab einmal eine zeit, da lebten drei fliegen in einem alten, ausrangierten pferdestall, der den ranzig-süßlichen geruch der großen tiere immer noch in sich hängen hatte. nun war es aber so, daß gerlad, mefrand und moserarie sich außerstande sahen, irgendetwas sinnvolles auf die beine zu stellen, irgendetwas nützliches und befriedigendes aus ihrem leben zu machen, sodaß sie sagen konnten, schaut her, liebe mitfliegen, so weit habe ich es gebracht, das sind also meine werke, das sind die menschen, denen ich meine liebe schenkte, die früchte, die ich erntete, die lust, die ich genoß, die fliegengitter, die ich durchbrach.
es war dann so im juni ungefähr, die sonne schwang sich gerade zu ihrer höchsten entfaltungskraft empor, als gerlad aufgrund des allgemeinen lebensdefizits den unumstößlichen entschluß faßte, es mit viel mehr energie doch noch einmal zu versuchen, das ganze leben noch einmal von vorn, wie eine quarzuhr, der man neue batterien einlegt, vom typ nickel-cadmium ultra, mit einer vierzig-prozent längeren lebensdauer im vergleich zu herkömmlichen modellen. und so machte er sich startklar, zur erschrockenen verwunderung seiner bisherigen mitstreiter, dem mefrand und der moserarie, dem weibchen, um das sie sich ständig stritten, das aber dann doch niemanden an sich heranließ, was sehr bezeichnend war für die frustrationsbeladene situation, in der sie sich eigentlich ständig befanden. er ließ seine flügelchen surren und flog mit höchstgeschwindigkeit gegen die abbröckelnde stallmauer, an der sich dreck in den vielfältigsten schichten übereinander angesammelt hatte, seit vielen fliegengenerationen schon. plkkk! machte es, als er an ihr aufprallte und wie eine verbrannte erdnuß zu boden plumpste, der tod erfolgte sofort, chitinbasisbruch mit darauffolgendem neuronenaustritt, die beiden freunde konnten es noch gar nicht fassen – so schnell ging das alles – sie mußten zurückbleiben wie eine pleitegegangene firma, deren aufsichtsratvorsitzender sich noch rechtzeitig in die südsee absetzte, schwarze ratten, die auf einem jauchedurchtränktem sklavenschiff ihrem untergang entgegensegelten.
wir wollen nun aber in das paralleluniversum umschalten, wo gerade eine fliege aus ihrem winzigen kokon schlüpft, um anschließend auf das trocknen ihrer noch feuchten flügel zu warten, sie das erste mal zu entfalten und zum jungfernflug aufzubrechen. natürlich war das gerlad, den wir aus dem anderen universum bereits kennengelernt haben und den es nach seinem freien tod nach hierher verschlug, eine neue chance wurde ihm da geboten, neue karten ausgeteilt, mal sehen, ob der poker diesmal dabei war. seine umgebung hatte sich merklich verändert. der herr der fliegen, der ihm diese chance gewährte, hatte sich etwas ganz spezielles einfallen lassen, der geruch von vanillepudding breitete sich im ganzen raum aus, kinderlärm war aus dem garten zu vernehmen und irgendwo in der küche war eine brave hausfrau und mutter gerade damit beschäftigt, saftige kirschen in einmachgläser abzufüllen, kompott für die vom spielen erschöpften kleinen, die sich diese erholsame pause wirklich verdient hatten, in der sie aufgeregt um den tisch herumsaßen, töchter, söhne und anderes geschmeis, von einer fürsorglichen mutter betreut und in ihrer entwicklung gefördert.
nun, man merkt bereits am szenario, daß gerlad da in völlig andere lebensumstände hineingeborgen worden war, vom ausrangierten pferdestall schnurstracks in das gutbürgerliche haus am stadtrand, in dem es nach vanillepudding duftete und alles nur so vor gemütlichkeit strotzte.
gerlad erhob sich von der erde, es war das erste mal in seinem leben und er sah dabei aus wie ein senkrechtstarter der uss-air-force. es war pioniergeist, der ihn veranlaßte, zunächst einmal die umgebung genau auszukundschaften, in die er hineininkarniert war, zuerst die chancen und die gefahren herauszufinden, ehe er sich mit voller energie hineinstürzte, in das neue leben mit all seinen verlockungen. was war er doch aufgeregt, er sah den großen vanillepudding duftend am tisch stehen, flog dann in die küche weiter, um die mutter bei ihrer fürsorglichen, liebevollen tätigkeit des früchteeinweckens zu beobachten – fliegenspeichel rann ihm an seinen mundwerkzeugen herab – und bemerkte dann mit schrecken die angorene hauskatze, die im wohnzimmer ihr revier nach fremden eindringlingen durchstreunte, listige augen nach allen richtungen schwenkte und nicht lange brauchte, ehe sie gerlad auf ihrem bioradar empfing, klar und deutlich, das bild auf ihrem netzhautmonitor wies keinerlei störstreifen auf, da war doch tatsächlich eine kleine saftige fliege, kein zweifel, ein freudentag heute, das mußte sie sich unbedingt in ihr tagebuch notieren. die geile katze fixierte ihn hypnotisch und gab ihm folgende botschaft auf seinen fluchtversuch mit, flieg du nur ruhig, mein lieber, denn noch heute wirst du mein williges opfer sein, mit dem ich das spiel des todes spielen kann. du wirst dich meinen klauen hingeben und nach immer mehr lechzen, wirst deinen todeskampf aufgeben und dich in einen schwarzen punkt der lust verwandeln, dessen einziges erklärtes ziel es ist, von meinen scharfen krallen mit dem tod beschenkt zu werden.
da war sie also, die große gefahr, er blickte in ihre messerscharfen augen und wußte mit einem schlag, daß sie recht hatte, daß die versuchung, sich ihr hinzugeben, übermächtig sein würde, wenn er noch einen augenblick länger hierbliebe und so gab er sich mit allergrößter anstrengung den nötigen stoß und flog zum offenen fenster hinaus, die sonne brachte ihm wärme und zerstreute die gedanken an das unheilvolle tier, daß nichts anderes als seinen tod wünschte.
er flog an den spielenden kindern vorbei und bekam langsam lust nach einem dieser grünschimmernden weibchen. wo waren sie aber nur, die ganzen artgenossen, bis jetzt hatte er noch niemanden bemerken können, der irgendeine morphologe ähnlichkeit mit einem fliegenkörper besaß. er suchte unermüdlich – zwei tage und drei nächte lang, in denen er – von schlaflosigkeit gezeichnet – die ganze umgebung mühsam abklapperte, kam schließlich zu dem ergebnis, daß es hier weit und breit keine anderen fliegen gab außer ihm selbst, und startete, von seinen resignationstendenzen am boden zerstört, am fünften zehnten um dreiundzwanzig uhr siebzehn, gezeichnet von einer jämmerlichen niedergeschlagenheit, zur einzig möglichen lösung. der katze. sie war es, die allein sein verhaltenes begehren stillen konnte, sie war es, die ihn aufnahm und sich um ihn sorgte, sie war es, der er sein herz schenken konnte und das alles nur zum preis von einem fliegenleben, also spottbillig im grunde, wenn man sich eine kostenkalkulation zusammenstellte und das ergebnis mit dem preis für ein pfund schweinsleber verglich.
gerlad flog ins haus zurück und ließ sich von der katze nehmen, landete nach dem ersten prankenhieb schmerzhaft am boden der tatsachen und am ende seines schicksals. die lektion von der unweigerlichen verknüpftheit zwischen orgasmus und tod hatte er rasch begriffen, die katze besorgte es ihm und gerlad ließ es sich besorgen, ließ es sich besorgen, bis sein dahinwelken dem liebevollen todesspiel der katze ein ende setzte und er als zerbrechlicher kokon in einem alten ausrangierten pferdestall neuerlich ausschlüpfte, von zwei fliegen namens mefrand und moserarie begrüßt, die vor einiger zeit geheiratet hatten und denen man die große freude anmerken konnte, mit der sie ihr frischgebackenes kind empfingen, das sich soeben seinen weg aus der papiernen eierschale bahnte und den ehrenvollen namen gerlad erhielt. in erinnerung an ihren alten kameraden, der es vorzog, aus einem ewigwährenden trott, der ihm jegliche lebenssubstanz raubte, auszusteigen, indem er seinen fliegenschädel gegen die stallmauern rammte, leitplanken seiner ausweglosen unzufriedenheit, grenzsteine einer fortdauernden unerfülltheit, die sich durch seine nervenbahnen zog wie die scharfe aggressivität in den klauen einer verspielten katze.


28. pioniere


sie rannten mit runtergeklapptem helmvisier herum, versuchten, sich in die kiste zu zwängen und hoben dann ab, vorbei, ab in die wolken, hinein ins paradies, good-bye, saures dasein, auf wiedersehen, alles startklar und los geht's. die räder lösten sich vom asphalt der start- und landebahn, alles ging glatt und geölt über die bühne, die abwanderung hatte soeben begonnen, der ganze trupp der auserwählten befand sich an bord des raumschiffes, die tür zum neuen zeitalter hatte sich in diesem augenblick für sie geöffnet und ließ das weiße licht der neuen möglichkeiten in den wuchtigen laderaum ein. stumm fand ein gegenseitiges sich-an-den-händen-halten statt, sie alle hoben zur meditation an, vollbrachten und zelebrierten die atmosphäre des neubeginns, bei dem das alte hinter sich gelassen werden mußte, sich auf dem totenbett aufgebreitet dem abschied hinterließ, um tiefenpsychlogisch sterilisiert zur auflösung im all bereit zu sein. so standen sie tage-, monate-, jahrelang im frachtraum, reichten sich in aller freundschaft die hände, damit sie die vorgegebenen aufgabenstellungen zur zufriedenheit der vorgesetzten erfüllen konnten und hatten nichts anderes im sinn, als die neubevölkerung unerforschter territorien, sorgsam gelegte weichen in freundlich-feindlichem gebiet. oberstes gebot hier wie überall war es: wach bleiben, nicht einschlafen, guaranakapseln schlucken und pausenlos ans ficken denken.
in kürze erreichen wir das system frytlingoc, gaben die lautsprecheranlagen des laderaums von sich, weißgelbes licht wurde semiautomatisch aktiviert und bestrahlte die erwartungvollen gesichter der ausgesuchten menschen, selektierte, zeugungsfähige musterbeispiele einer aussterbenden rasse, die als letzte hoffnung in den weltraum geschossen wurden, pioniere waren sie, die den spatenstich in fremden welten vollzogen, obgleich sie natürlich nicht wissen konnten, was sie dort alles erwartete, in der schwarzen weltraumeinöde, der sie das licht der erkenntnis gleich dem paradebanner der spezies menschheit entgegenstreckten. nervosität machte sich unter der besatzung breit, nachdem sie einen geeigneten planeten zur landung angesteuert hatten, hoffnungen, enttäuschungsängste, zuversicht, unbehagen, erwartungsdruck, neugier und das alles entwich der sich auf dieser fremden welt erstmals öffnenden ausstiegsluke wie ein zischendes gasgemisch, das dem ersten atemzug, den sie in dieser nach genau errechneten werten atembaren atmosphäre zu sich nahmen, vorauseilte.
sie standen vor ihrem transportschiff und betrachteten die neue welt eingehend, hielten sich an ihren händen und bildeten ein bewußtseinskonglomerat, dessen wahrnehmungsvermögen sich als alleinverantwortlich für die kommunikationsfähigkeit mit außerirdischen zeichnete. die ersten einwohner kamen mit seltsamen antigraviationsrollschuhen dahergerauscht und begrüßten die außerfremdweltischen besucher so richtig vom herzen heraus, indem sie jeden einzelnen umarmten und mit der begeisterungsfähigkeit von schimpansen auf deren rücken eintrommelten. seltsam sahen sie aus, wie alle außerirdischen, so irgendwie andersartig, nicht menschlich, aber auch nicht tierisch, nicht wie pflanzen und auch nicht wie irgendwelche gegenstände, sie waren einfach anders und verbrachten die meiste zeit damit, ihnen ihre neuesten unterwäschekollektionen vorzuführen.
was wollten sie eigentlich hier, was war ihre aufgabe, was hatten sie mit diesen fremden wesen vor? diese fragen drängten sich mit immer wuchtigerer vehemenz dem bewußtseinskonglomerat der besucherhirne auf, erwiesen sich als entscheidende bedeutungsträger der unausgesprochenen zukunftsvisionen. doch nachdem die fremdwesen ihre kosmopolitisch bedeutungsvolle modeschau beendet hatten, luden sie die besucher zu einem deftigen abendessen ein, exotische unaussprechlichkeiten standen auf dem speiseplan und den pioniererdlingen wurde die denkaufgabe dadurch leichter gemacht, daß sie mit der servierten kost auch mikroorganismen zu sich nahmen, die ihren intelligenzquotienten auf ein zehntel ihres bisherigen wertes reduzierten. das verblüffendste daran war, daß sie diesen prozeß gar nicht bemerkten, sie aßen alle davon und mit jedem bissen, den sie hinunterschluckten, verringerte sich ihre denkleistung, schwand das, worauf der ganze stolz der erddelegation aufgebaut war. willkommen in der fremden welt, verkündeten ihnen die gastgeber und weihten sie in die geheimnisse der freien sexualität ein.
mit jedem tag, den sie hier zubrachten, ging eine veränderung an ihnen vor sich, die botschaften der fernen erde zerschmolzen im licht der kaltgelben sonne wie die liebessehnsüchte einer aussätzigen, die pioniere glichen sich immer mehr an diese neue welt an – an ihre bewohner, deren vorstellungen, gebräuche, deren aussehen – verloren die konturen ihrer eigenart wie ein von schäumendem wasser umspülter stein, dessen glätte einen schwindeln macht, wenn man ihn sachte berührt. und schließlich kam der tag, an dem sie mit der fremden welt ein für alle mal eins wurden, die allerletzten gesandten der erde, die pioniere, die den hoffnungsträger einer sterbenden welt, genannt erde, darstellten, hörten zu existieren auf und wurden zu etwas anderem, zu etwas fremden, glitten in eine andere identität hinüber, verschmolzen mit wesen, denen sie ursprünglich nur ihre heilsbotschaften überbringen wollten wie einen verlobungsring und damit hörte die erde endgültig zu existieren auf.


29. blutkuchen


stumpfgeistige genitalignorantin, schalsinnige schweinsmöse, schaurigschlappe autistenfotze, so böse dachte hans-jörg schrinski über eine kleine, feiste häsin, die ihn zwar am einlaßtor zu diesem fest abgelauert hatte, sich jedoch im weiteren verlauf immer mehr und mehr von seinem gezüchtigten männerkörper absetzte wie die ausflockung in einem reagenzglas, das vergessen in einem chemielabor herumstand, die neonröhren waren schon seit stunden abgelöscht und nur ab und zu drang noch das scheinwerferlicht nächtlicher autofahrzeuge durch die jalousien in das sterile laboratorium ein, erhellte für sekundenbruchteile das unbeachtete routinephänomen. was bildete sich dieses dreckstück eigentlich ein, wie brachte sie es bloß fertig, sich selbst so die tour zu vermasseln, in den seelischen schlamm zu treten, der vor blutegeln nur so wimmelte, die an ihren nackten beinen emporkrochen wie böse mächte, die sich aus der tiefe des bewußtseins ihren weg nach oben bahnten, um sich dort saugend festzusetzen, sich vom blut ihrer bitteren menstruation ernährten, deren dunkelrotesten saft sie immer ihren marmorkuchen beimengte, die sie den nichtsahnenden gästen auftischte, die gierig hineinbissen, sich die krümel von den lippen leckten und heftiges lob darüber ausschütteten wie zigtausend kübel voller dreckwasser.
auch unser hans-jörg bekam so einen kuchen angeboten, und als er ihn doppelt- und dreifachdankbar annahm – die höflichkeits- und empathierituale waren ihm ins verkrustete gehirn eingespritzt worden wie tibetanische tetanuserreger – war das der anfang vom ende, es war der zeitpunkt, wo er sein interesse an ihr zu lautstark kundtat und sie in gleichem maße das ihre an ihm verlor. machte er von nun an einen schritt auf sie zu, entfernte sie sich zwei weitere von ihm, je mehr er versuchte, an sie heranzukommen, desto unerreichbarer gebärdete sie sich ihm gegenüber, desto näher kam sie aber allen anderen männern, die sich ebenfalls auf dem fest befanden.
er biß also in den blutdurchtränkten kuchen, kaute behutsam, er schmeckte ihm, trotz seiner kalten bitterheit, und sie schwebte mit jeder kaubewegung weiter den ausgestreckten armen der wartenden männerschar entgegen, die sich ihrem frauendasein verlangend entgegenreckten. als er ihn vollständig aufgegessen hatte, sich die krümel genüßlich von den fingern leckte, war sie schon längst von tausenden von tentakeln umfangen, die schleimig ihren körper ablutschen und überall nach löchern suchten, in denen sie ihre nachforschungen betreiben konnten, sie alle waren mit grubenhelmen ausgerüstet, deren lämpchen bis in die verborgensten winkel hineinleuchteten.
die frau überließ sich zur gänze diesem entarteten abgenudeltwerden, diesem ausströmen ungehemmter lustsekrete, die zwischen ihren furchen klebten, während sich hans-jörg vergeistigt unter die zähen laubbäumen stellte und den anblick außerhalb und den blutkuchen innerhalb seines körpers verdaute. irgendwie muß ich das alles wieder loswerden, schoß es ihm immer wieder durch den kopf, die gedanken stachen wie giftige pfeile an die innenseite seiner schädeldecke, er schob sich seine klauen in den rachen, stimmte den rhythmus des erbrechens auf denjenigen ihrer lustschreie ein und kotze sich den ganzen kuchen blutigverschmiert vor die füße. was hast du denn da wieder für eine sauerei angestellt, würde franziska, seine werte frau mutter dazu sagen, seine abtrünnige faschistenmamme, zu deren geheimsten, unausgesprochenen wünschen das lustvolle verspeisen eines lebendigen negerfötusses gehörte. befreit trat er einen schritt zurück, lehnte sich mit dem rücken an den glatten stamm und rutschte langsam, die knie weicher und weicher werdend, zu boden, wo er einen einem heulkrampf nicht unähnlichen zustand erlebte, klagendes durchzucken ganzer nervenstränge, aufgeschreckte elektronen, die zwischen zehe und weisheitszahn hin- und herschossen, zernagten sein leukoplastverklebtes selbstwertgefühl, klopften an seine gehirnerne eingangstüre und fragten schüchtern durch den spalt, entschuldigen sie, aber wo ist denn hier das badezimmer?
als er nach stunden auf seine knie niedergesunken war, fiel er geradewegs vornüber in seine magenzubereitete spezialsuppe, mit dem gesicht natürlich genau dorthin, wo es am allersaftigsten war und das gab den startschuß zu einem neuerlichen näherrücken der unbekannten hauptdarstellerin, mühsam mußte sie sich vorwärtskämpfen, weil sie die ungewöhnliche anhäufung männlicher krakententakel, die sich in ihren öffnungen verkroch, am unbeschwerten vorwärtskommen hinderte. hat dir der kuchen denn nicht geschmeckt, fragte sie ihn hoch und heilig, woraufhin ein brabbeln als antwort zurückkam – von nun an konnte er sagen, was er wollte, in seinem kotzmilieu klang alles nur mehr wie ein unterwassergeräusch.
nach einigen stunden übung konnte sie jedoch zwischen den verschieden blubblauten differenzieren und begann schritt für schritt seine ungewöhnliche umgangssprache zu verstehen. er schimpfte mit ihr, so ein böser junge, dachte sie sich, was fällt dem eigentlich ein, und vor lauter ärger ließ sie einen furz, was einen der tentakel nach draußen blies, scheiße, sagte der, weil ihm der helm vom kopf geweht worden war und weil er kurz bevor ihn der windstoß ins freie beförderte, drauf und dran war, äußerst wichtige entdeckungen in einem bisher unerforschten seitenschlauch ihres magen-darm-traktes zu machen,
brrblbbbbrrrlbubblll sagte hans-jörg, was ihre dolmetschfähigkeiten als, verschwinde endlich, du dreckige blutkuchenhure uminterpretierten, du kannst mich mal, du blöder sack, gab sie ihm ihrerseits zu verstehen und fand es nicht einmal der mühe wert, diese paar worte in seine aus dem kotzbereich stammende sprachfamilie zu übersetzen. er richtete sich auf, stinkende grünbeige schleimflüssigkeit rann ihm vom gesicht und er schaute zur frau hoch, die diese ganzen spielchen mit ihm trieb, die breitbeinig wie ein abgegammelter cowboy vor ihm aufgepflanzt war und verächtlich auf die jämmerliche figur hinabblickte, die er ihr und uns darbot. überall an ihrem körper gingen diese wirklich ungewöhnlichen tentakel ein und aus, flutschten glitschig in ihre körperöffnungen. sein blick glitt an ihren gegrätschten beinen empor und traf auf das blutbesudelte haarige ding, das dort dazwischen saß und in dem ebenfalls einer der tentakel – nein, eigentlich waren es gleich mehrere – aufgeregt herumstocherten. ab und zu kam von dort ein schwall blut heraus, mitunter gab es auch beimengungen von kleinen dunkelroten klümpchen, die auf dem boden tropften und neben ihre kollegen von der magenabteilung aus dem hause hans-jörg schrinski rollten.
allmählich hatte er die nase voll, er sagte, bbrrrlllubb hrrtlkrrrblbb bbkjitlbb und steckte seinen kotzetriefenden zeigefinger zu den nervös zuckenden, glitschigen tentakeln ins haarige blutloch. na endlich, seufzte sie daraufhin erleichtert, willkommen im club, alter, du bist jetzt einer von uns, hat ja echt lange gedauert, und jetzt gib mir 'nen kuß, sonst pinkle ich dir in's ohr. er machte das, preßte seine mit kotze verschmierten lippen auf ihre mit drüsensekreten der tentakel verschmierten lippen, nahm auch in kauf, daß eines der dinger zwischen ihren saugenden mündern hin- und herflutschte und küßte sie, schmiegte seinen lauen schleimigfeuchten körper an den ihren und genoß das gefühl, sich in einem schlangennest zu befinden, in dem alles schlingernde, sich windende bewegung war, gewährte den bereits sich anmeldenden wurmfortsätzen ebenfalls einlaß in seinen körper. und er war sich sicher, es war der kuchen, der ihm die kraft gab, das alles durchzustehen und dabei trotzdem nicht den verstand zu verlieren.


30. konrad


es war ein tag wie jeder andere, konrad hagenstock hopste im zimmer herum wie ein kokainabhängiger maulwurf und versprühte seine gutgelauntheit mit der behendigkeit eines graffitykünstlers auf die sich ebenfalls im raum befindlichen gäste. es war die liebe, die das alles mit ihm anstellte, die unglaublichkeit menschlichen glücksgefühls, die seinen hageren männerkörper durchbrodelte, siedendes wasser, das ihm bei den ohren, den augen und seinem mund herausdampfte und seine ganze umgebung in einen nebel hüllte, der so heilig war, daß sich niemand seiner patinierten gäste anschickte, ihn von seinem körper zu streichen. er jubelte tanzend im salon seines pavillons, schenkte sein warmes herz einer göttin nach der anderen und es schlug wild um sich, taktete rhythmisch sein leben voran, pumpte mit jedem mal mehr lebenskraft in seine lenden, die er nach herzenslust verpuffen konnte, in die leiber seiner geliebten, wo sie sich festsetzte und wohlige wärme verbreitete, ein virus der universalen geschlechtsliebe, eine epidemie reinen, göttlichen glücksempfindens.
konnie, komm mal rüber, tschummm, konrad schlug unsanft zu boden, seine eherealfrau hatte ihn aus seinem tagtraum gerissen, holte ihn zu sich und schälte ihm in der zwischenzeit die seele aus dem leib, nahm sie in ihre groben finger, knüllte sie zusammen wie ein stück papier, das man zum unterzünden vorbereitet und warf sie in ihren suppentopf, der am gasherd in aller friedfertigkeit köchelte und nur dann und wann das quieken eines noch nicht zu tode geschmorten gemüses entließ. konrad erhob sich vom staubübersäten milbenboden und kroch auf seinen zwei beinen zu seiner herrin, die ihn, sobald er sich auf griffweite genähert hatte, am ohrläppchen packte und seinen widerwilltrott um das zwanzigfache beschleunigte.
aug in aug standen sie sich gegenüber, ihre nasenspitze berührte die seine und er verströmte in seiner hingabe an sie, die traumgöttin eines himmlischen glaspalastes, wo engel aus- und eingingen, sich am nektar der blüten labten, die im garten wuchsen und mit einer reinheit, die seinen ohren wundersamste wohltat war, melodien der liebe von sich gaben. hier war er zu gast, die prinzessin gewährte ihm die gunst, ihn in ihrem schlafgemach zu empfangen, während seine ungewißheit ihn im stich ließ und alles, was er sich wünschte, wahrheit werden ließ, vor seinen staunenden augen materialisierte, feenzauber, aus längst vergangenen tagen überliefert, magische rituale, die ihn in ihre verzauberung einlullten, bis er in übersteigerter ekstase in die arme seiner geliebten schwebte, die ihn als empfangende fühler des verlangens zu sich hinabzogen und ihn hart mit dem gesicht am fliesenboden zerschmettern ließen, sodaß sie das blut, das nun aus seiner nase troff, zur verfeinerten würze der suppe verwenden konnte. konrad, halte dir doch ein glas unter die nase, du weißt doch, daß ich es nicht leiden kann, wenn du dein blut nicht zusammensammelst. zur allgemeinen zurechtweisung griff sie resolut nach ihrem konrad hagenstock und riß ihm bei der gelegenheit gleich ein paar haarbüschel vom schopf, die sie ebenfalls dem friedlich garenden süppchen beimengte, dessen quiekende gemüseteilchen sich langsam beruhigten, indem sie eines nach dem anderen den geist aufgaben.
konrad hielt sich ein viertelliterweinglas unter die nase, sah schielend auf die rote flüssigkeit, die sich von dort ergoß wie eine quelle, deren kirschrotes wasser die grüne zartheit der palastwiese mit neuem leben befruchtete, blumen wuchsen dort, deren duft ihm den atem raubte, als er sich in sie hineinsinken ließ wie in ein daunenkissen, dessen federn ihn so sanft umflorten, daß er auf wolken zu schweben vermeinte. rauschhaft wälzte er sich im gras umher, wurde sich des wunders gewahr, an dem er das privileg hatte, teilnehmen zu dürfen, küßte die erde und die früchte, die sie gebar und biß der hexe ins bein, die an ihrer suppe rührte und ein lied sang, das sie dermaßen schlecht intonierte, daß ihm die zähne zu wackeln begannen, als er das herbe fleisch ihrer waden erreichte und er seine zunge an ihrer ledernen haut entlanggleiten ließ wie die eines paradiesvogels, der eine nuß auf ihre brauchbarkeit hin testet und sie dann, als er ihren bitteren geschmack bemerkt, enttäuscht zu boden fallen läßt.
aaahh, bist du verrückt geworden, kreischte sie hysterisch auf, schüttelte entrüstet ihren mann von ihrem bein und stellte fest, daß einige seiner zähne noch in ihrem unterschenkel steckten und sich dort wie ein exotisches schmuckstück gebärdeten, du mußt vollkommen übergeschnappt sein, keifte sie ihm wütend entgegen und versetzte ihm einen fußtritt, der ihn quer durch die ganze hexenküche beförderte.
konrad lachte blöde, verzog sein zahnloses maul übers ganze gesicht, steckte sich seine zeigefinger in die nase und holte ganz tief luft, verharrte so für einen winzigen ausschnitt der ewigkeit, ehe er darauflospustete und seine augen mit einem deutlichen plopp! sein gesicht verließen, der hexe entgegenschossen, die mit ihrem kochlöffel die angriffe der sehorgane parieren wollte, dabei aber kläglich scheiterte, weil das tennisspiel nie zu ihren stärken gezählt hatte und sie somit das versauen ihrer sorgsam zubereiteten suppe nicht verhindern konnte, die beiden glasigen kügelchen vielmehr mit einem psch! psch! im heißen topf landeten und die ganze arbeit zunichte machten, mit der sie jetzt schon seit sieben tagen hier herumstand und die ganze mühsal des kochens auf sich nahm, nur damit die prinzessin im glaspalast die notwendige nahrung erhielt, mit der sie auch weiterhin trotz ihrer zweihundertdreiundachzig jahre wie sechzehn aussah.
konrad, dem jetzt die augen und die zähne fehlten, streckte die zunge heraus, machte bäähhh und wackelte mit seinen händen flügelähnlich an seinen ohren herum. er hatte seine frau sehr verärgert gemacht und trotzdem keine angst vor ihr. sie kam mit gezücktem kochlöffel, schwang ihn drohend und starrte aus alter gewohnheit in seine nunmehr leeren augenhöhlen, du mickriger, mieser bastard, krakeelte sie ihm entgegen und konrad robbte sich mit aller ihm zur verfügung stehenden gewandtheit dorthin, wo er ihre beine vermutete, brachte seine hexe zu fall, ergriff ihre vor verlangen zitternd vor ihm ausgebreiteten hüften und drang in sie, vollführte seinen liebesritt, zerfloß in leidenschaftlichsten umarmungen, tastete mit inbrünstiger zärtlichkeit an ihren venusischen hügeln entlang, entrang ihr ein gehauchtes stöhnen, dessen stupender rhythmus sich mehr und mehr seinem pochenden herzen anglich, das er behutsam an das ihre drückte, im gleichschwang der liebe seinem kosmischen orgasmus entgegenreitend, das banner des dionysos vor sich hertragend, ihre kaltfeuchten lippen mit küssen behauchend, über ihre schweißnassen flanken streichend, von der weiße geblendet, die ihre linnene liebesstätte umgab, einer himmlischen wolke gleich, deren illuminierende strahlkraft sein augenlicht löschte, damit er sich ganz dem rausch hingeben konnte, der sich seiner glut bemächtigt hatte.


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