Reinhard Schleining RAW CUT Grausamen & Liebreizer

24. gauner


sie zeigten es ihm, indem sie ihre ganzen asse aus ihren ärmeln zogen und sie hatten nicht wenige davon. da blieb ihm wirklich die spucke weg. da konnte er einfach nur mehr staunen, klammerte sich affenhaft an seinem stuhl fest und dachte sich, kurz bevor er hintenüber fiel und hart am steinboden aufschlug, jetzt sind sie – oder ich? – wirklich zu weit gegangen. das sind nun wirklich nicht die richtigen geschäftsmethoden, mit denen man so einen kleinen gauner wie ihn zur strecke brachte. weit übers ziel hinausgeschossen sind sie, die ganze mafia erklärte ihm den krieg und er konnte sich aus rund fünfunddreißig profikillern den geeignetsten aussuchen, soviel fairness besaßen sie allemal, verboten ihm aber, bei der wahl der todeswaffe irgendein wörtchen mitzureden, sowie sie ihn auch über den zeitpunkt des exekutionsgeschehens im unklaren ließen. das stellte nun den rahmen dar, in dem franklin highters mit seiner zentralbirne am boden der wahrheit zerschellte.
was war es denn nun, das eine ganze schar von verbrecherriegen zu dem entschluß brachte, einen schmierigen kleinen gauner kaltzumachen, der aus leeren getränkedosen gold machte, indem er sie jeden abend den clochards abluchste, die sie den ganzen tag über wacker zusammengeklaubt hatten, um sich von dem geld, das sie dafür bekamen, ein warmes, mehr oder weniger köstliches abendessen zu kaufen. das geschah so, daß er sie mit einer alten fünfundvierziger magnum bedrohte und die worte ausstieß, gib her, du penner, worauf sie ihm den riesigen müllsack überreichten, der indessen fröhlich schepperte und gar nicht zu merken schien, daß er soeben den besitzer gewechselt hatte. er verlud dann ebendiesen sack in seine schrottreife karre und machte sich aus dem staub, ehe der um sein hab und gut betrogene anstalten machte, hunderttausend polizisten zusammenzutrommeln, die an jenen tagen nichts besseres zu tun hatten, als einem stinkenden, verfurzten penner, einem niemand ohne dach über seinem verlausten schädel, ihr wertes ohr zu schenken und freundlich-höflich – aber mit der hehren autorität der guten, die alle bösen zur strecke brachten – nickten, während sie die geschichte von dem gestohlenen müllsack voller getränkedosen zu protokoll nahmen, und ihm mit einem versöhnlichen, keine sorge, wir werden den schurken schon schnappen, auf die von zerfetzten kleidern bedeckte schulter klopften.
abend für abend klapperte franklin sie alle ab, machte riesige umsätze und hatte bald seine mitarbeiter, was seine doseneninnahmen nocheinmal vervielfachte. auf diese weise lebte er wie ein könig, mietete sich ein großes appartment, riß sich die ganzen geilen miezen auf und aß nur noch auswärts, gewann alsbald an gewicht und fühlte sich pudelwohl in seiner fetter werdenden haut. bald schon war er so erfolgreich, daß ihn die mächtigen weil organisierten verbrecher nicht mehr übersehen konnten und ihm eines tages den lukrativen vorschlag machten, in ihre firma einzusteigen.
lange zeit lief alles wie am schnürchen, franklin beherrschte für sie die clochardszene und sie zählten den cleveren burschen zu ihrer familie, gaben ihm schutz, wenn es in irgendeiner form brenzlig wurde und versorgten ihn auch sonst mit allem, was sein herz begehrte.
doch irgendwann kam der tag, wo franklin highters plötzlich einen gesinnungswechsel durchmachte.
anstatt daß er weiterhin seiner gerechten berufung nachhing und den homeless ihre getränkedosen abluchste, verflieste er nunmehr sein badezimmer mit in plexiglas eingelassenen hundertdollarbanknoten. das war in der tat eine völlig andersgeartete tätigkeit, allein schon der gedanke daran ließ die mafiabosse entsetzt aus ihren bürostühlen hochfahren und die hände zu wütenden fäusten ballen. doch damit nicht genug, nistete er siebzehn halbaffen in sein appartment ein, die ihm zwar die ganze bude auseinandernahmen, ihn aber dermaßen zu entzücken vermochten, daß er sie mit frischem nektar ernährte, den er sich für diese zwecke extra aus übersee herbeischiffen ließ. und seine unverfrorenheit ging noch ein stück weiter, bat er nämlich die bosse alle dreiundzwanzig minuten um eine von diesen goldenen pillen, die sie drüben in kansas herstellten und denen man nicht nur wahre wunderdinge nachsagte, sondern die sie auch tatsächlich vollbrachten.
es war alles in allem ein gefährliches spiel, das er da zu spielen begann und es kostete ihm schließlich den kopf und den kragen. die bosse reagierten mehr als sauer auf seine extraeskapaden und luden ihn eines anderen tages zu einem teekränzchen ein, es gab köstliche, in altranzigem erdnußfett herausgebackene doughnuts und einen mit vanilleextrakten aromatisierten schwarztee und sie plauschten den ganzen abend über franklins unorthodoxe lebensmotive, bis sie schließlich bei einer als nachtisch vorgeschlagenen partie poker die karten auf den tisch legten und es zu der schlüsselszene kam, die den beginn dieser geschichte darstellte.
die urteilsverkündung traf franklin highters bis ins knöchelchenmark und seine räuberbirne, die beim umkippen des zu viel beschaukelten pokersessels hart am boden aufschlug, faßte den entschluß, es von nun an nicht mehr zu weit zu treiben – sondern zu nah. diese gehirngeburt unterbreitete er den mafiabossen, als er sich mühsam hochrappelte und sich das blut, das aus seiner nase und der platzwunde am hinterkopf träufelte, mit einer hand abwischte. ich möchte es von nun an zu nah treiben, gab er ihnen seinen neuen gesetzesentwurf kund und zeitigte zunächst einmal keine wirkung. erst als er auf die knie fiel, die blutverschmierten hände zu ihnen faltete wie zu einer dieser christlichen gottheiten und hoch und heilig versprach, daß er ihnen sein badezimmer und seine halben affen zur freien verfügung stellen würde, sowie diese goldenen pillen von nun an nur mehr verscherbeln und nicht mehr pausenlos in sich selbst einferfen würde, da gaben sie erste anzeichen einer neukalkulation der lage von sich – eine neue situation erforderte eben eine neue entscheidung, soweit hatten sie es im leben schon gebracht, um diese erkenntnis wie schwere medaillen mit sich herumschleppen zu dürfen.
also gut, sprachen sie alsbald, du seist ein begnadigter, geh hinfort und sündige hinfort nicht mehr und mit diesen worten entließen sie ihn aus dem als pokerpartie getarnten schöffengericht und der zu weit gegangene franklin heighters ging von diesem tage an nur mehr zu nah. und kam mit dieser masche sogar bis ins guiness' buch der rekorde.


25. regenwetter


der vermaldeite regen rinnt vom ausgeschabten himmeldach und speit die schleimigen drüsensekrete der höllenausgeburten auf meinen hirnschädel. seit sie sich gestern abend den armen des hochamtzelebrateurs und den armen der hochzivilisationsblessuren hingegeben hatte, hat sich diese mir bisher so vertraut erschienene welt von grund auf verändert. krampfhaft stehe ich hier, am laternenpfahl gelehnt, dessen lichtstrahl die erregnete feuchte der asphalterde zum funkeln bringt, und grüble in mich hinein, verknote die sorgfältig zurechtdrapierten windungen meines menschlichen gehirns, um es endlich als central-processing-unit meines lebens unbrauchbar zu machen. die verstümmelung erfolgt ganz schleichend, fast wie im traum geschieht dieses stückweise abtreten von der bühne, die die menschen von heute das wirkliche leben nennen und die mit der erforderlichen selbstverständlichkeit zu betreten ich eigentlich gar nie die kraft hatte.
mein kopf ist bereits durchweicht, der regen leistet wirklich unvorstellbar große dinge. das salzige wasser unterscheidet sich im geschmack nicht wesentlich von dem, das aus meinen leeren augen trieft, stellt das nunmehr knotige weichteil im nassen fetzenschädel glücklich fest – es ist dies informationsverarbeitung vom feinsten und mein innerster wesenskern weiß das selbstverständlich zu schätzen und gibt meiner freien, von der schwerarbeit, sich an einem laternenpfahl festzuhalten, verschont gebliebenen hand den drängenden befehl, sich auf meine wange zu legen und dort weich wie die watte, die einmal mein gehirn bildete, entlangzustreichen. sie tut dies solange, bis sich ein gefühl der wärme in meinem körper ausbreitet, das dadurch hervorgerufen wird, daß er der illusion erliegt, an einen dieser liebesspender geraten zu sein, der ihn ausnahmsweise unentgeltlich mit den notwendigen erstehilfediensten versorge, die das weiterleben hier erst möglich machen.
überall stehen sie heute, diese automaten, zehn münzen rein und puff, schon spenden sie eine riesenportion liebe (wobei es die normalportion bereits für fünf münzen gibt). sie werden von einem da oben erzeugt und vertrieben, der munter und aufrecht auf der lebensbühne herumhopst, ab und zu ein paar weibliche zuschauer von den stehplätzen zu sich heraufholt und nach einiger zeit zersaust und überglücklich wieder auf ihren angestammten platz zurückverweist, um erfahrungen neureicher.
mein glück ist, daß die illusion so glatt über die persönliche hirnbühne geht – eine glanzvolle privatvorstellung des personal imagination assistent's – denn man überlebt normalerweise nur dreizehnundeinhalb stunden, ohne sich wenigstens einmal eine normalportion von einem liebesspender gegönnt, genehmigt, oder schlichtweg geholt zu haben.
harte zeiten, meine lieben freunde, meine lieben freundinnen, denn es gibt nicht viele, die die nötigen münzen lockermachen können, um für dreizehnundeinhalb weitere spannende stunden am leben zu bleiben – abgesehen davon, daß man zusätzlich noch ein paar weitere münzen braucht, um sich von anderen automaten derselben herstellerfirma das lebenswitzigere fressen zu holen. auch hier muß man sich stets davor hüten, das vorauskonzipierte limit von achtundsechzig stunden nicht zu überschreiten, um nicht zu den von rechts wegen eigentlich beklagungspflichtigen, aber in der regel illegalerweise unbeklagten opfern zu gehören, die sekündlich in unserem pflastergarten ihr leben aushauchen.
ich lasse den laternenpfahl los, torkle wie ein zweibeiniger schwamm (fungus erectus, eine meisterleistung der evolution, finde ich übrigens, hiermit hat der liebste gotti wirklich die reifeprüfung bestanden, womit seiner geplanten akademikerlaufbahn nun wirklich nichts mehr im wege steht) im regen herum, mit dem großen vorteil, nunmehr von einer inneren wärme durchflutet zu sein, was recht angenehm ist, weil einem normalerweise elendskalt ist, ohne regenbekleidung und so mutterseelenallein in der von den halogenblitzen der straßenbeleuchtung gesprenkelten regenschwärze. wonach ich suche, werdet ihr sicherlich schnell erraten haben. es ist jetzt siebenundsechziguneinviertel stunden her, seit ich beim letzten freßspendeautomat gewesen bin und die noch verbleibende zeit bereitet mir den altbekannten countdown-thrill, der mich durch die von ihm hervorgerufene rasende zellalterung mit meinen dreiundzwanzig jahren bereits wie achtundsiebzig aussehen läßt.
torkelnd stampfe ich den glatten asphalt glatter, verspritze mit meinen offenen und zerschorften dingern, die einmal menschlichen füßen glichen, das bodenwasser in die gegend herum und sauge in der zwischenzeit die ganze feuchtigkeit der umgebung weiter in mich auf, ein wandelnder introjektionsapparat, auf der suche nach einem freßapparat, den anzuzapfen zum größten glück zählt, das mir das leben auf diesem planeten bieten könnte – doch was ich dann wirklich finde, ist eine verwelkte und doch aufgeweichte (welch reizvoller widerspruch) person, die verloren und vom träufelnden wolkenausbruch begossen an einer verrotteten hauswand kauert und vor kälte zittert. sehr schnell begreife ich, daß es dieser person nicht besonders gut geht und sogar das nicht mehr lange, ist es doch offensichtlich, daß sie kurz vor dem dreizehnundeinhalb-stunden-ende steht bzw. kauert und für ein weiterleben mit hilfe der liebesspendermaschinen nicht die nötigen münzen zu besitzen scheint. ich beuge meinen schwammschädel zu ihr hinab und fasse mir mein wärmedurchflutetes herz und der person an die liebesbedürftige wange und beginne sie zu liebkosen, rutsche unter ihre kleiderfetzen und dort zu ihren brüsten (ein weibchen also!), die ich ebenfalls mit einer riesenportion sanftheit bestreiche. während ich also all dies tue, einem mir völlig unbekannten wesen weiblichen ursprungs für weitere dreizehnundeinhalb stunden das leben zu retten, macht sich mein magen dergestalt unangenehm bemerkbar, daß er sich in pulsierenden bewegungen mehr oder minder rhythmisch zusammenzieht und damit einen so unerträglichen schmerz hervorruft, daß ich gellend in den regen hinausbrülle und – mich krampfhaft zusammenkrümmend – auf den nassen asphalt klatsche. viel zeit bleibt mir nicht mehr.
aber die von mir gerettete frau bietet mir aus dankbarkeit an, ich könne – ich solle – sogar ein stück von ihr herunterfressen, von ihrem oberschenkel beispielsweise, da sei noch jede menge fleisch dran, gibt sie mir zu verstehen.
in den immer kürzer werdenden pausen des sich konvulsivisch zusammenkrampfenden magenschmerzes überlege ich fieberhaft, soll ich das wirklich tun? lange blicke ich dann in ihre feuchtfunkelnden augen, ist das alles eigentlich nur ein traum?


26. teufel


wenn es um passionsspiele, hexenverbrennungen und gladiatorenkämpfe ging, dann waren sie immer dabei. dabei war es immer nur der bruchteil eines winzigen bruchteils, den diese veranstaltungen in ihrem tagesablauf einnahmen, der platz, den sie in ihrem gutsituierten bäuerlichen leben innehatten, – um es anders auszudrücken – war unbefriedigend gering.
doch eines schönen tages gab es solch ein schauspiel im dorf, es war eine hexenverbrennung im klassischen sinne, zuerst inquisition, dann folter und dann einäscherung. eine ansonsten aufrecht gehende und kreuzbrave frau und ehefrau eines einflußarmen gänsehirten war ins straucheln gekommen und von den behaarten unterarmen und händen eines fremden wanderpredigers aufgefangen und geknetet worden. viele dorfinsaßen hatten da dann mehr vermutet, die aberwitzigsten genitalspielchen flossen aus den mündern der reichhaltigen dorfkennerschaft, man erzählte sich allerorts von dingen, die mit oohs und aaahs und oioiois kontrapunktiert wurden, und tat dies solange, bis niemand mehr daran zweifel hegte, daß hinter der ganzen sache wohl mehr als nur die zehnminütige schwäche einer vierzigjährigen unfruchtbaren frau steckte. damit war ihr schicksal besiegelt und wurde prompt vom bürgermeister durch seine eigenhändige unterschrift beglaubigt. brennen sollte sie, die hexe, die geliebte des unaussprechlich bösen, die hure unverhohlener esoterischer praktiken.
gleichzeitig mit der auslotung dieser geistesblitze und dem gegenseitigen schuttabladen der zahllosen projektionsprojektile in ihre impotenten gehirne kam indes das leitmotiv des ganzen geschehens selbst ins dorf, schlich sich auf stöckelschuhen unter die versammelten gäste und wartete auf die zeremonie. es war dies der teufel.
und er war es auch, der am lautesten schrie und jubelte, als die flammen um den wohlriechenden frauenkörper zusammenschlugen und ihn mit gier auffraßen. am gipfel seiner extase verzog er sein engelsgesicht zu einer grimasse des grauens, auf der die unverschämtheit ungeheuchelter wollust eingeritzt war.
niemand schien das ganze geschehen zu bemerken, alle richteten ihre wohlwollende aufmerksamkeit auf das funkenregnede feuer- und mordspektakel – bis auf einen, dessen name hier keine rolle spielt, der aber umso mehr ein strammer bursche war, dem gott eine schöne gestalt anvertraut hatte und dessen augen die stählerne bläue eines homosexuellen schweden ausstrahlten, der gerade erfährt, daß sein langjähriger freund hiv-positiv ist. er jedenfalls bemerkte den satan und sein lüsternes treiben, was vielleicht auch daran lag, daß er die geschichten über das brandopfer nicht so recht glauben wollte (hatte er doch selbst eine zweistündige affäre mit ihr gehabt und währenddessen überhaupt nichts hexengleiches feststellen können) und somit auch nicht mit der nötigen hingabe auf die langsam verkohlende leiche starrte.
zuerst fiel ihm der verzogene gesichtsausdruck dieses fremden auf, er mußte diese fresse, die zu solchen grauenerregenden fratzen der entzückung fähig war, einmal so richtig aufpolieren. und auch dessen klamotten – wie unpassend, wie fehl am platz, welch infame geschmacksverwirrung, es juckte dem blonden helden in seinen jungen, unbehaarten fäusten. er bahnte sich seinen weg durch die verzückte dorfmasse, die sich um das lodern staffelte, hindurch und trat dem fremden mit dem seltsam femininen kostüm und dem extatisch entrückten gesichtsausdruck mutig entgegen.
he, du arschgesicht, begann er seine provokation, breitbeinig und mit verschränkten armen, die seine oberarmmuskeln markant hervortreten ließen, baute er sich vor der vermeintlichen schwuchtel auf, sein weißes t-shirt trug die aufschrift "hold tight, shitheads". doch satan war so mit seiner entzückten selbsterfahrung beschäftigt – die orgasmen ließen ihn die augen nach oben verdrehen und konvulsivisches zucken bemächtigte sich seines leibes – sodaß er unseren helden zunächst einmal gar nicht bemerkte. sich windend sauste sein kopf hin und her und blickte dem jungen mit weißen, leeren augen ins grimmige halbstarkengesicht. das gefiel diesem natürlich ganz und gar nicht, er verhalf seinen worten nachdruck, indem er ihn grob und mit nachdruck an der schulter rempeln wollte, was aber durch das ununterbrochene hin- und herzucken des satans als schlag auf den nasenrücken entartete. na, auch egal, dachte sich unser großer held, he, arschgesicht, ich rede mit dir, brüllte er ihm ins vorbeihuschende arschgesicht, der mund, der diese worte hervorstieß, formte dabei aber die umrisse seines eigenen blondbehaarten arschloches nach, was die theorie von der projektion verdrängter persönlichkeitsanteile auf die umwelt auf's beste bestätigte.
satan aber ließ sich nicht aus seiner gipfelerfahrung herausreißen – sensibel wie er war, spürte er die ungeheuren qualen der verbrennenden frau und war davon so erregt wie schon seit zwei jahrzehnten nicht mehr – und so versuchte der blauäugige, ihm seine rechte faust in die schnauze zu hauen, traf aber stattdessen sein empfindsames ohr und veranlaßte dessen dünnes trommelfellchen zu platzen. der bastard war jedoch immer noch nicht still, er zuckte munter weiter und auch die tritte der stahlsohlenstiefel und die darauflosdonnernden fäuste, auch das hellgraufarbene blut und die knackenden leicht zerbrechlichen knochen bereiteten der ekstatischen hingabe des teufels kein ende, ließen ihn lediglich am boden weiterzucken und ab und zu einen schwall seiner geklumpten blutflüssigkeit aus seinem verzogenen maul speien.
so ein verhalten lockte unseren helden verständlicherweise (oder etwa nicht?) aus der reserve. er ging in die hocke, riß den zerschundenen kopf des teufels an den haaren hoch und spuckte ihm einen batzen speichel-rotz ins blutige arschgesicht. als der sich aber immer noch weiterverzückte, ließ er ihn mit einem äußerst unangenehmen geräusch schnell wieder in den schotter plumpsen und richtete, sein interesse anderen dingen zuwendend, seine stahlblauen augen in richtung des grellorangen feuers, in dem die konturen einer schwarzen frauengestalt angedeutet waren, einer gestalt, die er mit seinen harten, spatelfingrigen händen berührt hatte, als sie noch am leben gewesen war.
und mit dieser erinnerung, die wie ein faustschlag in seinen kopf schoß, begriff er plötzlich, daß es zwischen allen dingen etwas gemeinsames, verbindendes gab. eine kraft, die sowohl seinen lenden als auch seinen fäusten die nötige artikulationsfähigkeit verlieh, die zerbrochene herzen wieder zusammenschweißte, sodaß sie zu bluten aufhörten, um in unregelmäßigem rhythmus bis in alle ewigkeit weiterzuschlagen. und diese kraft lag jetzt hier zu seinen füßen, zelebrierte lust am unerträglichen und perversen und nährte sich an ihrer eigenen zerstörung.
unser armer held wurde nun selbst von einer welle der erregung gepackt und hinweggefegt, eine erektion von nie gekannter härte ließ seine knie so weich werden, daß er sich nur mehr taumelnd von der zusammengeschlagenen gestalt entfernen konnte. als er sich nun mit gierigen blicken zur feuersbrunst umwandte, sah er gerade noch, wie sich die verkohlte frau zerbröckelnd in asche verwandelte. mit letzter kraft erreichte er seine ärmliche behausung und fiel vornüber in sein metallverstrebtes bett, er schrie und keuchte all sein leid und seine lust in die unsaubere matratze hinein, die alles – großzügig, wie sie war – in sich aufnahm und sammelte.
etwa zehn wochen später – das verbrennungsereignis wurde nur noch in vereinzelten gesprächen zwischen den gelangweiltesten unter den dorfbewohnern erwähnt – war dann das fassungsvermögen der matratze erschöpft. mit einem lauten knall zerplatzte, explodierte sie und riß unseren helden, der sich während dieser langen zeit unentwegt auf ihr abstöhnte und in sie hineinlitt und hineinlustete, in tausend fetzen, die nach einem kurzen flug in nie gekannte höhen geruhsam-sanft auf die dächer des dorfes und die köpfe der menschen, die in ihm lebten, niedersanken wie ein müder wanderer, der sich auf einen stein am wegrand niederläßt, einen kräftigen schluck aus seiner feldflasche zu sich nimmt und mit tiefen stoßseufzern der erleichterung kraft für das fortsetzen seiner langen reise schöpft.


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