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14. November
(Fuß vor Fuß auf einer Linie, die keiner Linie entspricht – die den Weg darstellt, der kein Weg ist.)
Alles befindet sich am Platz, ist am Ort festgehalten – wie ein Foto, das gemacht wurde.
Die Nützlichkeit ist ohne Belang. Ein Tag wird das sein, der Tag, auf den wir alle hoffen – und so bleibt das jüngste Gericht die individualistischste Erfahrung, die jeder von uns machen kann – der Tod. Der Bann ist gebrochen, das Leben, das was es ist, wird gesehen.

Woraus besteht die Würde eines Menschen?
Pablo verhält sich autistisch und leugnet den Zusammenhang von Geld und Gefühlen, dabei zerspalten wir uns in zwei Teile.
Der Raum, jeglicher, wird mir zu eng. Ich kann Pablo nicht verlassen, es gibt Tage, an denen ich ihn vor mir selbst schützen möchte. Den Kreis, den meine Gedanken ziehen.

Der Regen fällt.
Blitze zucken vorbei.
Ich bemerke, wie ernst die Banalität sein kann.

Wenn das Meer einbricht/als düstere Gestalt/in Form von Flut/ein Schritt vor/zehn Schritte zurück/zaghaft ebbt das Wasser ab/Ebbe
Ich sitze auf felsigem Gestein, die schwarzen Schlammklumpen, die durch das Wasser schimmern, erregen Ekel in mir. Die Wellen werden alles mit sich fortspülen.
Im Traum küßt er mich.

Der Antagonismus zwischen mir und meiner Lebensform, die unstillbare Sehnsucht, das Leben zu ergreifen. Die Augenblicke erhaschen, die wie Seifenblasen zerschmelzen. Durch das Abnehemen der rosa Brille ist plötzlich alles Sinn entleert.
Den Leidensweg schlicht abbrechen und verweigern. Wach, immer bereit, den Rücken zu wölben, um mich zu schützen. Es soll nichts eindringen, das mir Schmerz zufügt.
Meine Haare sind jetzt weißgelb gefärbt!

15. November
Ich habe Gliederschmerzen und Fieber und den Wunsch, mich zu übergeben. Während ich schlafe und wache, denke ich unaufhörlich nach über die Verantwortung, die sich aus Eigenwilligkeit ergibt.
Irgendein kluger Mann zitiert einen noch klügeren Mann:
Hat jemand seinen eigenen Willen gefunden, schon wird ihm Eigenwilligkeit vorgeworfen.

17. November
Das Fieber bemächtigt sich meiner hohlen Seele, die ich nicht mehr zu vernehmen mag. Pablo beschwört mich, das Bett zu hüten.
Poesie geht mir verloren.
Im Fiebertraum erlebe ich einen Holocaust – es beunruhigt mich sehr. Aber Geduld bleibt eine Frage der nie vergehenden Zeit.
Was kommt vom Herzen?
In meiner Lebensgier, in dieser unmäßigen Gier nach Erfahren, nach Begreifen wird dieses Fieber eine fixe Idee, da es meiner Agression so verwandt ist, und es frißt in mir.
Pablos traurige Augen – ich bemerke Furchen in seinem Gesicht.
Mein Fieber gleicht einer Farce.
Wo ist er nur mit seinen Gedanken?
"Schlaf jetzt, meine Liebe, ich bringe die später eine Tasse heißen Tee." Ich vernehme diesen vertrauten Akzent im Ohr – ein Riß in der linken Herzkammer. Wörter, die ich an mich presse, denen ich gestatte, sich an mich zu klammern um Trost zu finden.
Umarme mich, aber er ist weg, hat sich leise von meinem Bett fortgeschlichen, in dem Glauben, ich müßte schlafen, um zu genesen, liebkose mich.

Die Anteilnahme – es muß schnell gehen, das Denken, das Leben, überhaupt alles.

19. November
Wie lange wird die Krankheit fortdauern, ich bin benommen – wieder Tage und Nächte; der Schmerz aus der Wunde, die Keime breiten sich im Körper aus.
Der Arzt kommt.
Antibiotika.
Ich kann nichts erledigen, keine Arbeit durchführen, ich darf mich nicht bewegen, das Tanzen wird für Tage unerreichbar sein.
Die alten Trauerlieder werden wieder wach in mir – aus meiner Kindheit – meine schwarze Katze frißt Brot, daß ich ihr hinunterreiche, sie ist scheu, aber sie gestattet mir, über ihr Fell zu streichen.

Bestehen muß jeder nur ausschließlich vor sich selbst! Nicht alle Greuel spielen sich so schonungslos ab, wie die in den Gedärmen. Wann geht ein Gedanke zu Ende?
Erlebe ich eine Fata Morgana, halluziniere ich in einem Rausch – aber – wo fängt die Wahrheit an?
In diesem Haus laufen die Spinnen in ihr eigenes Netz.

25. November
Als rekonvaleszente Person erwache ich an diesem Morgen, um mich noch wackelig auf meinen Beinen in den nahen Ort zu begeben und Einkäufe zu tätigen. An diesem sonnenlosen Tag, der Spaziergang dorthin wie durch Geisterstraßen. Mein Blick gleitet an den alten verfallenen, erstarrten Häusern entlang, deren Fronten wie gestützt wirken, während die Witterung unsichtbar am Zerfall weiterarbeitet.
Manchmal wankt die Welt! Die Unruhe, die sich meiner bemächtigt, die mich wie die Depression befällt. Aufrecht, in der Mitte, nur manchmal fühle ich die Größe, die möglich ist, die Aufgaben sind immer die selben.
Wie mich der Körper an die Erde bindet – gerade schwer schwebt er durch den Raum – immer an der Grenze – grenzenlos – wenn das bindende Band reißen würde – ich ersehne Freiheit.

Ich denke mir-

Schwingen und hell:

ich gehe fort-

der freundliche Tag weil die

es ist so einfach

           Sonne hell schwingt

denke ich mir

ein Fixstern

ich bin fort

im Angstmoment

denke ich mir

wenn alles dunkel wird

es ist dunkel und still

wenn es Tag ist.


Ich bewundere die Momentaufnahmen.

29. November
Die Müdigkeit nimmt unerträgliche Formen an, meine Zeit verbringe ich mit sitzen und ruhighalten, wie elend mir dabei ist, kann ich kaum ausdrücken. Immerhin war es mir heute schon möglich, an einer Probe teilzunehmen, totales Einfühlen, hingeben mit Leib und Seele – den Raum erfahren – innerlich – wie weit sich Sinn eröffnen kann. Das Stück tanzt sich fort, die Erfahrung im Raum fesselt mich wieder, kaum erklingen die ersten Motive, bin ich wie verzaubert, bin völlig eins mit dem räumlich-zeitlichen Ablauf.
Auch Lachen kann Freude ersticken. Ein Zynismus, der mir vertraut ist.
Das Vergängliche als Spiel, als Möglichkeit, den Augenblick zu erweitern – Ausdehnung. Hurra – ein Erlösungsgedanke: Der Zug fährt seinem Zielort entgegen ... ist es nicht so, daß der Zielort dem Zug entgegen fährt?
Öffne dich gilt nur mehr im Raum, der offenbar ist, das Pochen des Herzens, wenn es in seiner Unruhe schweigt, das Geräusch des Herzens bleibt der Ausdruck der Seele.
Nach einem anstrengenden Tag freue ich mich auf die Bettwärme.
Auflösen – ein Faden hält den Körper immer zurück, eine Neigung zur Hingabe an das endlich Endlose – im Nirwana!

30. November
Ein Regentag, an dem man kalte Füße hat und das Bedürfnis nach Nähe wächst, die Erschöpfung die keine/r so ohne weiteres verstehen will.
Morgen wird alles gut!
In der morgendlichen Dämmerung, wenn kein Schnee, noch nicht, fällt, die Morgenröte angesichts der starren Leiber Erbarmen aushaucht.
Die Wahrheit hört im Moment der absoluten Unwahrheit auf!

Das Dogma besagt: "Es ist so und nicht anders."
Begriffsmonopol – !
(Verliere Worte um leer zu sein)
Leben wir in einem Begriffsstaat? Der Begriff erfährt Einengung, wird beschränkt und erhält eine dogmatische Kompetenz.
Aber das Leben pulsiert und deswegen verschafft man sich einen Ausblick und muß den Mut aufbringen, sich seiner Angst zu stellen, bevor Mut zu einem Imitat der freudlosen Hoffnung wird. Am Boden stehen – in einem Luftkreislauf zirkulieren.

Ist es nicht so, daß der Raum die Zeit ausmacht? Im Falle des Falles wird jedes Netz sichtbar, da die vielen Fälle sind, und zum Fall wird nur der Gegenstand, der fällt, da die Gesetzmäßigkeit der Schwerkraft alles zur Erde zurückzieht.

Zwingend! Darin liegt der Zwang.
Die Frage, wieweit du und ich authentisch sind?