Asbest
Griechisch asbestos unbrennbar
Asbeste
sind faserförmige, natürlich vorkommende Silikate. Aufgrund
ihrer mineralogischen Struktur unterscheidet man mehrere Asbestarten in
zwei Hauptgruppen:
Zur Gruppe
der Serpentinasbeste gehört der am häufigsten vorkommende,
weisse Asbest Chrysotil. Er ist in feinste, geschmeidige, verspinnbare
Fasern zerlegbar, weist aber eine geringe Säureresistenz auf.
Vorkommen: auf allen Erdteilen.
Von den
Amphibolasbesten ist der säurebständige, blaue Asbest Krokydolit
(von Wittenoom) der wichtigste. Er ist härter und die Fasern sind
nadelähnlich.
Vorkommen: Er ist weit weniger häufig als der weisse Asbest und
wurde vorwiegend in Südafrika und Australien abgebaut.
Ein weiterer
Vertreter dieser Gruppe ist der braune Asbest Amosit, der auf Zypern
vorkommt.
Charakteristische
Eigenschaften
Zugfest,
elastisch,
wärme-
und hitzeverträglich,
unbrennbar.
Beständigkeit
gegenüber Chemikalien.
In
feinste Fasern zerlegbar, verspinnbar.
Geringes
spezifisches Gewicht.
Verwendung
Dank ihrer
Eigenschaften, ihres Vorkommens in allen Erdteilen und ihrer kostengünstigen
Gewinnung gibt es kaum einen Bereich, in welchem Asbeste keine Verwendung
fanden. Sie liessen sich verspinnen zu feuerfesten Schutzanzügen,
zu Theater- und Restaurantvorhängen, zu Bodenbelägen wie Linoleum
und ähnlichen. Sie fanden Verwendung in Filtern für Gasmasken
und Saftpressen. Es gab hunderte von Rezepten für Zementmischungen
und Verputze mit Asbestzusätzen von 5% bis 40 und mehr %. Man fabrizierte
Blumenkisten und Dachziegel mit Asbest. Ueberall, wo ein hitzebeständiger
Stoff gefragt war, griff man zu Asbest. Bremsbeläge bei Autos,
Bügelunterlagen im Haushalt, Isolationsmaterialien enthielten Asbest
... usw ... usf.
Weltweit
wurde weisser Asbest (Chrysotil) in grösserer Menge verarbeitet,
aber ein Zusatz von blauem (Krokydolit) verbesserte die Qualität
des Endproduktes.
Asbesterze
enthalten maximal 15% Faseranteil. Die Aufarbeitung erfolgte vorwiegend
im Trockenverfahren (Asbestmühle). Nach Zerkleinern, Lockern, Trocknen
und Zerfasern des Erzes wurden die Asbestfasern durch Sieben und Windsichten
abgetrennt und in Säcke abgefüllt. Der Zurückbleibende
Erzabfall tailings genannt wurde zeitweise an Stelle von
Kies und Sand im Strassenbau verwendet.
Gefahren
für die Gesundheit
In der
Luft frei schwebende Asbestfasern kommen auf der ganzen Erde vor und
werden ohne nachteilige Folgen für die Gesundheit täglich
eingeatmet. Bei der Gewinnung und der Verarbeitung von Asbest und von
asbesthaltigen Stoffen werden aber so grosse Mengen Fasern frei, dass
sie die Gesundheit der Menschen erheblich gefährden. Das Filtersystem
in Luftröhre und Nase kann die Asbestfasern nicht wieder hinaus
schaffen, wenn sie in allzu grossen Mengen in der Luft enthalten sind.
Sie gelangen in die Lunge und machen sie anfällig für Lungenkrebs.
Die feinen Fasern von Chrysotil können durch das körpereigene
Abwehrsystem mit der Zeit eliminiert werden. Der etwas weniger feine
und säureresistente Krokydolit dagegen bleibt im Körper. Die
Fasern können die Lunge durchdringen und gelangen mit der Zeit
bis ins Brustfell, wo eine bis heute unheilbare Krebsart, das Mesotheliom,
als besonders heimtückische Spätfolge ausbrechen kann.
Erste
Erkrankungen wurden bereits um 1900 festgestellt, aber erst Jahrzehnte
später häuften sich die Krankheitsfälle derart, dass
die Verwendung von Asbest in den achtziger Jahren nach und nach eingestellt
und nach Ersatzstoffen gesucht wurde. Heute muss asbesthaltiges Baumaterial
z.B. Spritzasbest, Asbestverputz, Bodenbeläge, Vorhänge,
Asbestplatten (Eternit) beseitigt werden, wobei es strikte Schutzvorschriften
gibt, damit die Arbeiter bei Abbrüchen und Gebäudesanierungen
nicht gefährdet sind. Die Gewerkschaften forderten mit Erfolg,
dass die von Asbest verursachten Krankheiten als Berufskrankheiten anerkannt
und entsprechende Renten bezahlt werden. Heute werden 70% der Mesotheliomfälle
auf Asbest zurück geführt. Da es Jahrzehnte dauern kann, bis
Mesotheliom ausbricht, wird man noch mehrere Jahre mit Erkrankungen
rechnen müssen.
Durchmesser von frei schwebenden Asbestfasern:
Amphibolasbeste
(z.B. Krokydolit) 100
300 nm (nanometer)
Serpentinasbeste
(z.B. Chrysotil) 15
40 nm
(1
nm = ein zehntausendstel Millimeter)
Asbestfasern
sind mit einem herkömmlichen Mikroskop nicht sichtbar. Sie sind
viel dünner als die Haut einer Seifenblase.
Geschichtliches
Die Verwendung
von Asbesten ist schon in der Steinzeit nachgewiesen. Sie wurden bei
der Keramikherstellung zur Verhinderung von Rissbildung verwendet. Die
Griechen und Römer verwendeten Asbest für ewige
Lampendochte und für Totenkleider. Plinius schreibt, die römischen
Sklaven trugen beim Spinnen von Asbest Atemschutzmasken aus Tierblasen.
Marco
Polo brachte Asbesttextilien als Kuriosität aus dem Osten mit,
aber in Europa ging die Kenntnis der Asbestverarbeitung im Mittelalter
verloren bis zu Beginn der Industrialisierung.
Seit Beginn
des 20. Jahrhunderts wurde Asbest immer häufiger verarbeitet, in
grösster Menge nach dem 2. Weltkrieg bis in die achtziger Jahre.
Krokydolit und Amosit werden heute nicht mehr abgebaut, Chrysotil nur
noch in geringen Mengen.
Der Katalog
von Ersatzstoffen ist bereits sehr umfangreich. Anorganische Fasern
wie Glasfasern, Kohlenstofffasern, verschiedene Keramikfasern u.a. werden
eingesetzt. Daneben eignen sich auch natürliche Fasern wie Baumwolle,
Wolle, Zellulose.
Da gerade
der begehrte Fasercharakter der Asbeste für ihre Gefährlichkeit
verantwortlich zu sein scheint, bleibt zu hoffen, dass nicht bereits
in naher Zukunft nach Ersatzstoffen der Ersatzstoffe gesucht werden
muss.
Quellen:
Dr.
Caroline Röhr, Antrittsvorlesung an der TH Darmstadt 1997
Asbest
und Gesundheit am Arbeitsplatz, Schriftenreihe des Schweiz. Gewerkschaftsbundes,
Februar 1985
Asbestos
Issues at Wittenoom (Nevill Report) an independent inquiry,
chaired by Hon Mark Nevill MLC, August 1992